Was es nicht mehr gibt

EINLEITUNG

oder: Wie man sich doch irren kann
von Fritz Schukat

Neulich las ich meiner Frau meine Ergüsse vor, denn ich glaubte, wieder ein Thema gefunden zu haben, über das man mal schreiben könnte.

Es gibt keine Kochmaschinen mehr, also auch keine Feuerstellenringe und Feuerhaken. Die gusseisernen Feuerstellenringe lagen ineinander konzentrisch auf der Hauptfeuerstelle. In der Mitte war der kleinste, eigentlich kein Ring mehr sondern eine Abdeckung von etwa 10 cm Durchmesser mit einer Beule nach unten, darüber war ein bleistiftdünner Steg angeschweißt, an dem man ihn mit dem Feuerhaken bequem runternehmen oder raufsetzen konnte. Die Ringe waren gewissermaßen Ausgleichsstücke, die bei Bedarf raufgelegt oder runtergenonnen werden konnten, denn der Wasserkessel hatten am Boden Wülste, mit der er direkt ins Feuer hinein gestellt werden konnte.

Kommentar meiner Frau: Na ja, gut, so wie sie in Berlin standen, wahrscheinlich nicht mehr, sie wären heute wirklich unmodern. Wir -in Hessen- sagten dazu allerdings nicht Feuerhaken sondern Schürhaken und zum Anfeuern gab es bei uns Anmachholz, in Bündeln, die mit Draht zugebunden waren.
Ich: Na wenigstens das war ein Treffer.

Es gibt keine Pfeifkessel mehr. Auf den Ausgusstüllen der Wasserkessel steckten kleine Pfeifen aus Blech, die einen aufdringlichen Pfeifton abgaben, wenn das kochende Wasser Dampf erzeugte und mit Druck entwich. Den Ton hörte man im ganzen Haus!

Kommentar meiner Frau: Stimmt nicht. Man muss zwar suchen, aber die Dinger werden immer noch verkauft. Neulich hab ich eine ganze Batterie bauchiger Alu-Kessel gesehen, die die typische Pfeiftülle auf einem kurzen Ausgieß-Stumpen haben.

Richtige Braunkohlenbriketts sucht man vergebens. Sie sahen aus, als wären sie von einem großen Laib Brot abgeschnitten. Außen waren sie richtig schön blank und an den Seiten stumpf. Auf beiden Seiten waren die Buchstaben „Union“ zu sehen, auf einer Seite eingestanzt, auf der anderen Seite erhaben. Briketts haben zwar eine lange Brenndauer, aber man muss doch immer wieder nachlegen, damit das Feuer nicht ausgeht. Sie verbrennen zu einer bräunlich gelben Asche, die sich federleicht anfühlt, wenn man sie aus dem Ofen entfernt, aber wenn man mit ihr in Berührung kommt, sind sie wie Puder und verfärben die Hände, so dass man sich sofort wieder waschen musste.
Briketts oder Presskohlen rochen ganz toll nach Anthrazit.

Kommentar meiner Frau: Stimmt auch nicht. In Baumärkten kannst Du sie zu bequemen Stapeln zusammengebunden kaufen und nach Hause tragen. Die sehen heute noch so aus, wie Du es beschrieben hast. Natürlich braucht die niemand, der Zentralheizung hat, aber es gibt noch immer Altbauten, aber auch Leute, die einen Kamin haben!
Ich: (../..)

Eieruhren
das war einmal. Heute hängen auch in den Küchen mehrere Uhren in Sichtweite der Hausfrau. Außerdem weiß jeder seit Loriot, dass ein 4 ½ Minuten-Ei in 4 ½ Minuten fertig ist - die Hausfrau braucht dafür keine Uhr, sie hat das im Gefühl.

Es gibt keine Milchkannen mehr. Das waren emaillierte Litergefäße mit einem Steckdeckel, die an einem Drahtbügel mit Holzgriff getragen wurden. Man kaufte lose Milch im Milchladen bei Tante Emma, die die Milch mit einer speziellen Schöpfkelle aus einem großen Bottich in die Milchkanne einfüllte.

Kommentar meiner Frau: Auch das stimmt nicht. Neulich habe ich im Haushaltswarengeschäft welche gesehen. Gut, wir brauchen sowas nicht mehr, aber es gibt noch immer Leute, die sich gern vom Bauernhof Milch holen. Frag die mal, was meinst Du, wie die diese Milch beschreiben, die meist 4-5% Fettgehalt hat. „Mmmh“, ist die passendste Beschreibung!
Ich: (../..)

Es gibt keine Petroleumlampen mehr. Die Lampen bestanden aus einem Pressglasbehälter von ungefähr 15 cm Durchmesser, der ungefähr 5-6 cm hoch war. Oben drauf war eine Tülle mit Gewinde, auf die ein einfacher Brenner geschraubt wurde. Mit einem Rädchen bewegte man einen Docht, der im Petroleum schwamm millimetergenau über einen Rand, den man dann entzünden konnte. Damit die Flamme nicht blakte, wurde auf den Brenner ein flaschenförmiger etwa 25 cm langer Glaszylinder gesteckt. Die Lampe wurde an einem Drahtbügel aufgehängt, an dem ein runder Blechspiegel aufgesteckt war, dadurch spiegelte sich die Flamme und die Lichtausbeute wurde intensiver. Diese primitive Version war weit verbreitet, allerdings gab es in Bauernstuben Hängelampen mit kunstvollen Lampenschirmen, für die Liebhaben heute viel Geld auf den Tisch legen.

Kommentar meiner Frau: Weder richtig noch falsch. Die Dinger werden aus China eingeführt, auch Glaszylinder gibt es, man muss nur suchen. Übrigens, wir haben solch Unikum noch in der Butze, ich werde sie mal rausholen. Kaputt gehen kann die eigentlich nicht, aber wir haben keinen Zylinder mehr - vielleicht besorg ich nächstens einen!
Ich: (war ja schon ein Teilerfolg – leider nicht mehr!)

Es gibt keine Karbidlampen mehr. Diese kleinen Gasbrenner funktionierten mit Wasser und einem bestimmten Stein (Calciumcarbit). Sobald die Lampe in Funktion gesetzt werden sollte, tropfte aus einem zweiten Behälter Wasser auf den Stein, das Gas wurde an eine Düse geführt und brannte mit heller Flamme ab. Auch hier war hinter der Flamme ein Spiegelchen angebracht. Früher brannten Karbidlampen an den Lokomotiven, auch im Bergbau wurden sie verwendet. Noch in den 30er/40er Jahren kannte man Karbidlampen an Fahrrädern.

Kommentar meiner Frau: Also da hast Du wahrscheinlich Recht. Ich weiß gar nicht, wie die Dinger aussehen. Zeigst Du mir mal ein Bild?
Ich: Zeig ich Dir nachher.

Es gibt kaum noch lose Butter zu kaufen. Ab und zu kann man in teuren Delikatessläden noch große Butterklumpen sehen, aber diesen "Luxus" muss man teuer bezahlen.

Kommentar meiner Frau: Du sagst es. Richtige Delikatessenläden sind ein Geheimtipp. Ich kenn noch einen in Fuhlsbüttel, der verkauft lose Butter. Wenn Du willst, fahr ich hin und back uns dazu dann ein Brot mit Kruste!
Ich: Hmm!

Eine Zeitlang wurden keine Plattenspieler mehr produziert. Wer seine 33/45er Vinylplatten, oder gar seine 78er-Schellackplatten abspielen wollte und solch einen Apparat nicht mehr besaß, war aufgeschmissen. Selbst wer noch solchen Apparat sein eigen nannte, war meist auf der Verliererseite, denn es gab keine Abspielsysteme mehr, das sind Saphirnadeln oder gar Diamanten gewesen, die zwar eine lange Lebensdauer hatten, aber mit großer Vorsicht behandelt werden mussten.
Neuerdings gibt es sie aber wieder, sie sind jedoch nicht billig. Man kann mit ihnen die alten Platten abspielen und diese sofort auf seinem PC speichern. Toll!

Kommentar meiner Frau: Du wolltest ja zu Weihnachten schon solch Ding haben, warum hast Du es Dir nicht besorgt? Dann hätte ich meine alten Lieblingsplatten schon längst auf CD!
Ich: Weihnachten ist ja bald!

Es gibt keine lose Tinte mehr. Mein alter Füllfederhalter musste noch direkt in das Tintenfass gesteckt werden. Mit einer Drehschraube konnte ich dann den Tank füllen. „Füller“ funktionieren heute nur noch mit Tintenpatronen, die nur ganz wenig Tinte enthalten, und wenn sie leer sind, weggeschmissen werden. Völlig unwirtschaftlich, aber sauber - na ja!
Als ich lernte, haben wir noch mit einem Federhalter geschrieben, in den eine Stahlfeder (Ly-Feder) eingesteckt wurde. Die tunkte man in das Fass und schrieb, bis die Tinte verschrieben war. Deswegen brauchte man damals auch noch Löschpapier, mit dem zu dicke Tintenschrift aufgesaugt wurde. Das gibt es gar nicht mehr.

Kommentar meiner Frau: Da gibt es auf der Langenhorner Chaussee einen ganz großen Supermarkt für Büroartikel. Wenn wir das nächste Mal dort vorbeifahren, kauf ich Dir ein Fässchen! Dann kannste den Füller betanken und mit der Ly-Feder schreiben. Löschpapier gibt’s dazu - mal sehen, wie lange Du das durchhältst!
Ich: Okay, wir müssen sowieso bald wieder hin, unsere neue Zeitung drucken zu lassen!

Pakete und größere Umschläge haben wir mit Papierklebeband (sog. Nass-Klebeband) verklebt, das zu größeren Rollen zusammengewickelt wurde. Auf einer Seite war eine Klebeschicht (Knochenleim) aufgestrichen, die erst mit Wasser oder Spucke ihre Klebekraft entwickelte. Die verstärkte Ausgabe war mit einem dünnen Netz unterlegt.

Kommentar meiner Frau: Zugegeben, das mit der Spucke ist nicht sehr hygienisch, aber Du hast doch sowas noch in der Werkstatt, und zwar eine Riesenrolle.
Ich: Stimmt, sie ist mehr als 20 Jahre alt, dafür aber säurefrei. Kann man denn sowas noch kaufen – ich glaube nicht! Manchmal brauche ich einen Meter davon, wenn ich ein Passepartout von hinten verkleben will.

Fliegenfänger sucht man vergebens. Heute verwendet man Insektensprays, die jedoch vielfach auch für Menschen schädliche Substanzen enthalten. Dabei sind Fliegenfänger viel verlässlicher, vielleicht aber auch grausamer. Der Fliegenfänger bestand aus einem Klebeband, das mit einem Klebezeugs - früher honighaltig - bestrichen wurde. Aufgerollt in einer kleinen Papptülle zog man das Band heraus und hängte es dort auf, wo die meisten Fliegen herumschwirren, also in der Küche. Die Fliegen werden angelockt, bleiben kleben und verenden an dem Kleb. Das ist zwar nicht appetitlich aber wirkungsvoll und wurde schon vor Unzeiten erfunden.

Kommentar meiner Frau: Meine Freundin in Amerika wollte sowas haben, da hab ich gleich welche für uns mitgenommen. Sie werden im Dreierpack verkauft und sehen genauso aus, wie Du sie beschrieben hast - aber es gibt sie immer noch!
Ich: Geb mich geschlagen!

Wer kennt noch den alten Gasanzünder? Das war ein zangenähnliches Instrument aus biegsamen Stahl. Am Kopf war eine Hohlschraube, in der man einen Flintstein arretieren konnte. Dieser wurde an einer Reibefläche (Feile) entlang geratscht, so dass Funken entstanden. Durch diese Funken wurde das zuvor aufgedrehte Gas angezündet. Wenn man etwas länger wartete, gab es immer einen kleinen Knall, was wir als Kinder natürlich gerne forcierten. Wenn überhaupt noch Gas als Kochstellenbefeuerung verwendet wird, gibt es piezoelektrische Anzünder, die manchmal sogar im Herd eingebaut sind. Der normale Gasanzünder hat einen Glühdraht, der mit einer Batterie betrieben wird.

Kommentar meiner Frau: Erinnere Dich mal: Michael hatte in seiner letzten Wohnung einen Warmwasserboiler, das war ein Durchlauferhitzer, der mit Gas beheizt wurde. Als er einzog, habe ich ihm zwei solcher Zangen gekauft - eine muss hier noch irgendwo herumliegen!
Ich: Geb mich wieder geschlagen!

Wer sich heute Zigaretten dreht, weil ihm die Fabrikzigaretten zu teuer sind, bedient sich meist eines kleinen Stopfautomaten. Die Hülsen enthalten bereits einen Filter und das Ergebnis sieht fast so aus wie eine gekaufte Zigarette. Wir haben früher losen Tabak in gefaltete Papierplättchen (Zigarettenpapier) geschüttet und mit viel Gefühlt gleichmäßig verteilt. Dann wurde das Papier mit Spucke angefeuchtet und zusammengelegt. Filter kannten wir nicht.

Kommentar meiner Frau: Da kennst Du aber die jungen Leute nicht - die drehen immer noch so wie ihr früher. Zigarettenpapier gibt es immer noch, am liebsten nehmen die das russische, das ist wirklich noch aus Holz, ohne Lumpenbeigemisch.
Ich: Ich rauche seit 20 Jahren nicht mehr, kenn nicht mal mehr den Preis einer Packung, aber ich hör immer, dass es so um die 5,-- Euro sind. Als ich noch rauchte, kosteten 12 Zigaretten 1 Mark! Das konnte man sich wenigstens noch leisten.

Benzinfeuerzeuge gibt es nicht mehr. Meist werden Einwegfeuerzeuge verwendet, die man wegschmeißen muss, wenn sie leer sind. Wer ein nachfüllbares Feuerzeug besitzt, muss sich Gaspatronen kaufen. Ist nicht mehr zu sehr verbreitet.

Kommentar meiner Frau: Mag sein, aber Feuerzeugbenzin gibt es immer noch, ich nehme es gern zum Reinigen.

Weckgläser sind so gut wie ausgestorben. Früher haben die Frauen eingeweckt, was es auch immer zu konservieren galt. Meist jedoch Obst, aber manchmal auch Fleisch und Wurst. Eingeweckte Leberwurst aus eigener Schlachtung, wie es auch nach dem Krieg noch praktiziert wurde, war eine Köstlichkeit.

Kommentar meiner Frau: kein Kommentar, ich weiß gar nicht, wie das funktionierte, selber eingeweckt hab ich nie.

Einen richtigen Holzquirl findet man im Haushalt kaum noch, wenn überhaupt, dann ist der aus blauem Plastik, und ist aus einem Stück gegossen.
Früher waren die Holzquirle aus einem Stiel und einem aufgestecktem Zackenkopf. Es gab sie in allen Größen. Ich habe mal einen Großkückenquirl gesehen, der einen handtellergroßen Kopf hatte! In den 40er Jahren habe ich bei der Bauernfamilie, bei der wir evakuiert waren, noch einen Quirl gesehen, der aus einer Tanne gefertigt war. An den Spitzen der Tannenbäume, und zwar dort, wo sich die Äste verteilen, sitzt das Rohmaterial. Wenn die Rinde abgeschält wurde, konnte man sich aus dem Stamm einen Quirl schnitzen!

Kommentar meiner Frau: Also nu reicht’s! Du willst doch wohl nicht nach Weihnachten zum Quirlschnitzer werden?

Und die Moral von der Geschicht:
Man sollte sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Wenn man auch nicht jeden Augenblick über solche alten Gebrauchsgegenstände stolpert, es gibt sie doch noch, die Tippex-Fläschchen und die Telefone mit Wählscheiben und das andere Zeugs!

Meine nächste Geschichte bespreche ich vorher mit meiner Frau!

redigiert im Juli 2011

Nachsatz:

Na, da hatte ich mir ja was eingehandelt!

Als ich die Vorbereitungen zu unserem Treffen am 21.07.2011 u.a. auch an Frau Lemster sandte, bekam meine Frau sofort eine Email von ihr.
Lesen Sie mal, was ich da zu hören und lesen bekam:

Guten Morgen liebe Frau Schukat
Ja, Frau Schukat, Sie haben Recht. Sicherlich gehen Sie oft ohne Ihren Mann einkaufen sonst hätte er gesehen, dass es sehr wohl noch Pfeifkessel zu kaufen gibt, und Braunkohlenbriketts bekommen Sie in jedem Baumarkt (im Winter auch schon mal bei Aldi oder Lidl).
Die Milchkannen hat Ihr Mann schon lange nicht mehr gesehen, weil er ein Stadtmensch ist. Fliegenfänger hatten wir noch bei uns im Haus, sie sind auch noch käuflich zu erwerben und ein Benzinfeuerzeug ist heute wieder Mode, kostet nur etwas mehr. ,
Liebe Frau Schukat, die Weckgläser haben Sie sicher beim Einkaufen in fast jedem Supermarkt gesehen.
So, nun habe ich mal wieder die Hausfrauenehre gerettet. Gut so? Liebe Grüße aus Quickborn von Frau Lemster an Sie.
Wenn Sie möchten, dürfen Sie auch gern Ihren Mann von mir grüßen.


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