Die Kinderzeit von 1927-1936
Auf dieser Seite
Anfang
Von Tante Emma Laden bis klein Karstadt
Arbeiter und Geschäfte
Die Straßen- und die Hochbahn
An der Elbe
Elbtunnel, und dann weiter
Spielen
Schule
Leute
Anfang
1926 Ich kam genau 9 Monate spehter an. Wir wohntn auf St. Pauli, zweite Parallelstrasse vonne Reeperbaan. Hiess damals Eckernförder Strasse un wurd spehter umbenannt.
Die Wirtin schlief inne Küche un hatte alle 4 Zimmer an Künstler vermietet die auffe Reeperbaan inne Lokale un Amusemangs ihre Kunst zeichtn. Oft wexeltn die Mieter nach ein'n Monat. In ein Zimmer wohntn wir 3 denn.
Aber balt fandn meine Eltern 2 Zimmer in'n Pinneberger Weech. Das Haus waa winzich klein un niedrich. Konnz anne Dachrinne fassen. Da habbich denn abenz ab 10 Uhr so rumgeschrien, das die Nachbaan ihre Schlaf- un Wohnstube ausgewexelt habn. Die konntn an unsre Want nich mehr schlafn.
1927 Danach krichtn meine Eltern 2 Zimmer zu Untermiete inne Maggarethnstrasse bei Familje Bollmeier, inne 4. Etaje. Ein Zimmer waa Schlafzimmer, das annere Notküche un Wohnraum.
1929 Als ich ein Buttje von 3 Jaahn waa, fuhrn wir einma nach Leipzich. Oma un Opa wolltn ihrn erstn Enkelsohn begutachtn. "Nussrich" habn die beidn Altn mich genannt. Hab nie nich rausgekricht was das einklich heissn sollte. Na, ein Tach hatte Mutti mich auffn Arm un Oma saachte:" Wo ist denn der gleene Nussrich?" "Ors-Mors, Ors-Mors" waa meine Antwort. "Was meint denn der Gleene?" "Ach, er hat es wohl wieder mit'n Ohr. Nach Monatn kam ein Brief von Oma un sie schrieb: Nu weiss ich was Ors-Mors heisst. Ein Hamburger hat es mir erzehlt. So, da wusstn sie Bescheit.
1930 Denn kam meine Schwester zur Welt. Nu waan wir 4. Bein Wohnunksamt für ne richtige Wohnunk waan wir schon lange eingetragn. Entlich gabs ne kleine 3 Zimmerwohnunk inne Paulin‘nallee in Eimsbüttl. Nu hattn wir entlich unser eichnes Reich. Zu de Paulin‘nallee saachtn de altn Einwohner "Plünn'nallee“ zu. Das waa ne Nebnstrasse vonne Eimsbüttler Schussee.
Inne Küche spielte sich das ganze Lebn ab. Die Wohnstube hatte nur‘n kleines Fenster. Elektrisch Licht kostete Gelt un das waa immer knapp also wurde nur ein Raum bewohnt. Die Kinnerstube waa zu klein zun Spieln. Stan'n 2 Kinnerbettn in, eine Kommode un inne Ecke 'n eisern Ofn. Gink bis unner de Decke un wurd in Winter nur geheizzt wenn einer von uns krank waa. Wenn wir in Winter sehn wolltn obs geschneit hatte nachts, denn musstn wir ers 'n Loch inne Eisblum‘n hauchn. Inne Elternschlafstube gingn eben grade die Möbl rein.
Als wir 1930 da einzogn hingn Gaslampn anne Deckn. Das wurde aber gleich geendert. In Klo saass man aufn Holzbrett. Das flooch auch gleich raus un kam ein freistehndes Beckn hin. Mehr gink da auch nich rein. Das schönste waa, dass wir Lüttn in Hof spieln konntn un Mutter uns sehn konnte. Hattn wir Hunger rufn wir so lange bis Mutter uns 5 Scheiben Brot in Papier wickelte un von Balkon schmiss. Brauchtn wir nicht rauf. Machtn alle Kinner so.

Von Tante Emma Laden bis klein Karstadt
In Hof waan überall kleine Gärtn mit Blum'n, Büsche, kleine un grosse Baume. Inne Paulin'nalle stann’auf beide Seitn ganz grosse Bäume, bis anne Eimsbüttler Schussee.
Waa also auch grün·bei uns. Die "Schussee" wie alle nur saachten, gink von Schulterblatt bis nachn Hochbaanhof Emiljenstrasse, anne Ecke von Wehbers Paak. Auf beide Seitn voller Gescheffte. Da konnz alles kaufn. Brauchtes nich nach Hamburch inne Stadt extra.
Da waa Kastadt anne Ecke vonne Amandastrasse. Konnz das meiste krign. Gegnüber vonne Polizeiwache, anne Ecke vonne Maggarethnstrasse, waa 'n Zeuchgeschefft un hiess Bucky. Der Besizzer waan 'n netter Jude. Er lief viel in sein Ladn rum. Hatte ne alte Oma 'n Groschn zu wenich für die neu'n Strümfe, kosteten damals fümzich oder sechzich Fennich, denn saachte er zu de Verkeuferin: "Pack ihr man ein. Halbn Preis."
Zwischn de Maggarethnstrasse un de Beljanksstrasse (Belle Alliance) waa 'n grosses Zeuch- un Gadin'ngeschefft Vollmer. Die meistn kucktn nur inne Schaufenster. Gekauft wurde nebnan, inne "EPA". Das hiess Einheitspreisaktiengesellschaft. Das waa wie Kleinkastadt, aber noch billiger. Wenn zuhause ma was kaputt gink saachtn wir gleich: "EPA- Schiet". Wusste gleich jeder was gemeint waa. Un denn die vieln, vieln annern Lehdn von den'n wir balt auch de Verkäufer kanntn.
Zun Beispiel der alte Witt. Er waan Unikum un hatte sein Eisnwaangeschefft bei uns anne Ecke. Auffe Tonbank hatte er zwei Geltstücke aufgebackt. Kam nu 'n neuer Kunde rein verschwannt er hinter de Regale un luuchte zwischn de Pappkattongs. Langte einer nachn Geltstück, konnte er sich fix ein feixn. Bei ihn konnz auch 5 Negl krign. Dafür krabbelte er auch auffe Leiter zu de oberste Schieblade. Er waa schon sehr alt un immer vergnücht.
Vor sein Ladn, auffn Trittoa, stannt 'ne Gemüsekarre. Die alte Frau verkaufte so lang ich denkn kann, allein. Den ganzn Tach. Sie hatte 'ne ganz piepsige Stimme un schnackte nur Platt. Morgns un abenz half Witt die schwere Karre auffn Kantstein un wieder runter zu schiebn.
Nebn ihr, aber runter von Kantstein, stannt 'ne Finkenwerder Fischfrau mit ihre grüne Karre. Die hatte vier Rehder mit Eisnreifn un waa dreima so gross wie'n Kinnerwagen. Die Fischerfraun kam‘n mitn "Grün'nrinkdamfer" von Finknwerder rüber. Etliche davon waan morgns anne Lannunksbrückn un schobn mit ihre volln Karrn nach alle Stadtteile. Unsre Schusse waa bestimpt noch nich das Weiteste. Alle hattn ihre Tracht an. Dazu 'ne weisse Schürze, Dutt un Hut aufn Kopp. Sie hattn ihrn Sink-Sank womit sie die Hausfraun anlocktn: "Labbennige Scholln" konnz noch verstehn, das annere nich. Spehtnachmittachs musstn sie ihre Karre wieder nachn Hafn runnerschiebn, rauf aufn Damfer un in Finknwerder noch nach Hause. Klaa, das sie alle nur Platt mitte Leute spraachn.
Die meistn Leute bei uns un wir Kinner konntn das auch. Lerntn wir auffe Strasse von de Grössern un wenn wir grosse Ohrn machtn bein Klönschnack vonne Erwaxenen.

Arbeiter und Geschäfte
In unsre Gegent waan meist alles Abeiter die inne grossen vier- un fümf Etajenheuser wohnten. Die Arbeiteten bei de Eisnbaan, Lokführer, Heizer oder auffe Hochbaan als Fahrer, Beifahrer (gabs damals auch ne Strecke). Bei de Strassenbaan waan in jeden Wagn `n Schaffner. Un denn türlich auch viele an Hafn un auffe Werftn. Takler, Nieter un Schweisser. Schauermann un Kranfahrer. seuche Leute waan alles unsre Nachbaan. Die meistn musstn schwere körperliche Abeit machn un verdientn nich viel Gelt. Abeizlose waan ja genuch da. Darum wohntn oft 2 Familjen in eine von de grossn Wohnungn. Ein kleines Zimmer wurde als Notküche eingerichtet. So lebtn viele Leute.
So, nu ma zurück zu de Lehdn. Gegnüber von Witt waane Kondidelei, Cafe Tischmeier. Die hattn schönste Mazipansachn in Fenster. Zun Kinnergeburztach 'ne grosse Secks zun Beispiel. Konnz immer wieder ankuckn aber nich kriegn. Höchstns 'ne Tüte Mazipanbruch. Manchma. Sonz 'ne Tafl Schokolade waa viel. Aber die wurde sowieso inne ganze Familje aufgeteilt. Bei Tischmeier gingn die Leute kondideln. Nachmittachs un abenz nachn Kino gingn die Bessergestelltn rein un bestelltn Kaffee un Kuchn. Sie saassn an eiserne Tische mit graue Mamorplattn un eiserne Stühle mitn Holzsizz. Schorsch, der Sohn, waa wohl Zwanzich un Büschn beduppt. Der stannt in Keller un machte die leckern Sachn in Backoofn. Unser Bettln nüzzte nix, durchn Kellerfenster konntn wir ihn nehmlich sehn. Er langte kein Stück nach obn. Seine Schwester waa son ehnlichn Tüpp un immer an abeitn.
Büschn weiter lenks waa unser Faabnhendler in Keller. Er hatte alle Wende voll Regale mit grosse Schiebladn wo Trocknfaabe in waa. Die Kundn kamn mitn Stück abgebletterte Faabe oder 'n Stück faabiges Papier. Davon wolltn sie denn 2 Fund. Er schauflte davon 'n büschn, un davon ‘n büschn, inne Dose. Denn Leinöl, Sickativ oder Terpntin dazu. Mitn elektrischn Rührer vonne erste Generazion wurde alles gemixt. Den gewünschtn Faabton hat er immer gut hingekricht. Sonst holtn die Leute gleich zehn oder zwanzich Fund Kreide für de Stuben- un Küchndeckn zu witschern. Dazu kam noch Islendisch Moos. Waa richtich ‘ne Flanze die man ers auskochn musste. Denn die Flanze rausfischn un die Brühe mit in Kreideeima. So wurde damals Faabe gekauft un klaa, jeder malte un witscherte seine Wohnunk selber. Vater kaufte mehr da als annere Leute. Er malte un tapezierte an Wochnendn bei gute Bekannte un Abeitzkollegn. Damit wurde unser Haushalzgelt mit aufgebessert. Oft waa das aber mehr 'n Freundschaftsdienst, denn die hattn selbs nix inne Suppe zu krümeln.
Zu Schuster Taubenhain gingn 8 Stufn in seine Kellerwerkstatt. Seine Schaufensterscheibe kuckte nur halp übern Trittoa raus. Da untn sass er nu un reparierte Schue. Wir sassn obn links un rechts vonne Scheibe un kucktn bei ihn zu. Wenn er nix zu tun hatte kam er seine Kellertreppe rauf. Ein Bein auffen Trittoa un das annere 4 Stufn nach untn. Er hatte weisse Haare, ‘n Puckl un immer 'ne blaue Schürze vor. Anners hat man ihn nie gesehn. Gink auch mitte Schürze un Filzpantoffl zun Einholn. Er freute sich immer wenn einer stehn blieb un mit ihn schnackte. Auch mit uns Kinner. Waa wohl oft sehr einsam weil er keine Frau hatte.
Viele vonne klein Lehdn hattn wir, Haus an Haus. Könnt ich noch von viele erzehln. Zun Beispiel von unsern Meechmann un Weschemann. Doch das kommt spehter.
Auffe Strassn fuhrn damals ganz wenich Autos. Dafür 'ne Masse Ferdewagn. Die brachtn die Waahn zu de Gescheffte, die Kohln zu de Haushalte, Katoffln von Güterbaanhof zu de Grünhöker un Brot zu de Kremer un Brotlehdn. Bein Regn konntn die Kutscher 'n Persennink von hintn nach vorne übere Ladunk schiebn. Wenns trockn waa hink das Persennink hintn an Wagn runner. Da bummltn wir uns denn an un fuhrn mit solange wir uns haltn konntn. Aber hatte der Kutscher uns gesehn, denn haute er mitte Peitsche nach hintn, uns umme Ohrn. Dann hautn wir aber ab.

Die Straßen- und die Hochbahn
Die Strassn waan immer voll Menschn. Alles wurde zu Fuss erledicht. Oder mittn Faahrad. Musste man weiterwech nahm man die Strassnbaan. Auf unsre Schussee fuhrn fümf Linjen. Die hieltn an jeder Ecke. Alle zweite Ecke konnz umsteign. Die Nummern weiss ich nach sechzich Jaan noch. Kamn von Langnfelde, von Eimsbüttler Maakplazz un aussn Eppndorfer Weech. An Ende vonne Beljanksstrasse waa auch Endstazion vonne Linje 30. Fuhr zun Fischmaakt runner un hiess: Schellfischbaan. Waa meist nur der Triebwagn. Die annern hattn ein oder zwei Anhänger. Der lezzte Anhänger waa für de Raucher. Es stank fürchterlich da drin. In jedn Wagn waa ein Schaffner der das Gelt kassierte un, wenn der lezzte Passajier eingestiegn waa, abklingln musste. Ers der lezzte Wagn, denn der mittlere un denn vorn. Jeder zooch ann langn Lederriemn der ganz lenks durchn Wagn gink. Denn fuhr der Faarer los. Um ihn rum durftn die Leute stehn. Ich wollt auch immer vorne stehn. Konnz schön auskuckn un den Faarer an seine Kurbl beobachtn.
Gab auch noch ganz alte Abeizwagn oder Schleifwagn für de Gleise. Die hattn vorne nichma Glasscheibn. In Winter waa der Faarer dick voll Schnee. Anne Füsse hatte er dicke Filzstiefl mit ganz dicke Holzsohln. Ging die Kelte nich so schnell durch. Sowas kannz dir heute nich mehr vorstelln.
Bein Abbiegn musstn alle Faarer mit 'ner langn Eisnstange die Weiche selbs rumstelln. Die Stange hink an jedn Triebwagn vorne dran. Durchn Fenster von sein Faarerstant konnt er anne Stange langn un damit rumhantiern. Wenn die Weiche schwer gink, oder waa Dreck oder Schnee zwischn, stieg er aus un krazzte ersma frei. Dauerte seine Zeit un meggerte kein Aas. Wenn Schnee laach fuhrn die Ferdewagn oder Autos die Weichn schnell wieder zu.
Die lengste Strecke waa die nach Haaburch. Gink von Langnfelde, durche Stadt, übere Elbbrücke, die alte noch mittn Mauerwerk auf beide Seitn, übere Veddl, Haaburger Schussee, durch Willemsburch, denn alte Süderelbbrücke, durch Haaburch nach Sinsdorf. Wenn der Faarer un die Schaffner zwei Tuurn davon gemacht hattn denn waa de Schicht zu Ende.
Wennz weiterwech wollts konnz auch de Hochbaan nehmn. Hiess nur Hochbaan, fuhr aber auch unner de Erde. Bei uns waa bein Hellkamp Endstazion. Fuhr denn nachn Schlump un wieder zurück. Bein Schlump stiechst inn Rink. Das waa de Linje immer rund um Hamburch. Nur eine Abzweigunk gabs noch. Von Baambek nache Walddörfer. Das waa damals de ganze Hochbaanstrecke.
Denn gabs noch de Vorortsbaan. Die gink von Poppnbüttl über Ohlsdorf, Baambek, Berliner Tor, Haupbaanhof, Altona nach Blankenese. Wollts weiter, denn musstes Umsteign in Damfzuch mit'ne richtige Lokomotiwe vor. In Berliner Tor nach Bergedorf, Haupbaanhof nach Aansburch oder nach Haaburch-Neugrabn, in Altona nach Elmshorn un in Blankenese nach Wedl. Morgns un abenz fuhrn de Züge öfters. Aber an Tage konnz ne halbe oder ne Stunde auffn nechstn Zuch waaten. Die Züge hattn Oberleitung un waan graubraun gestrichn. Jeder Wagon hatte viele kleine Abteile. Jedes Abteil an beidn Seitn ne Tür. Kam son Zuch in Baanhof gingn Hunnert Türn auf un de Leute musstn zwei Stufn runner auffn Baansteich. Zwei Holztrittbretter liefn an ganzn Zuch lenks. De meistn Leute liessn de Türn auf. Waan die Zusteiger drin, dann fiff der Mann mitte rote Müzze un hielt seine Kelle hoch. Wehrent der Zuch lanksam aussn Baanhof fuhr, klappte er mitte Hant die offnstehnden Türn zu.
Die Schiebefenster inne Türn konnz an ein Lederriemn runnerlassen. In Kriech nachher waan die alle abgeschnittn un Schuhe mit besohlt.
Zwei Streifn nebneinanner. Anfank von Kriech wurdn die altn Wagn stillgeleecht un neue gekauft. Die sehn heute noch so aus wie vor fümzich Jaahn. Nur de Holzbenke sint wech un de Oberleitung.
Die Eisnbaan hattn wir ja auch noch. Wennz in Haupbaanhof auffe Brücke stanz un konnz über alle Perrongs sehn, denn waa das ein Lerm un Geschnaufe vonne Lokomotiwn. Ausse Schornsteine kam Kwalm vonne Kohlnfeuer mit Wasserdamf gemischt. Den eignatign Gestank riech ich heute noch. Waa die ganze Halle von voll bis untern Dach. Fuhr ein Zuch ab, kam bei de Lokomotiwe zwischn de Reder noch zusezzlich Kwalm un Damf raus. Da wolltn wir immer danebn stehn wennz orndlich zischte. Auffe Perrongs wartetn immer viele Menschn. Gabs immer viel zu kuckn. Wenn son Gepecktreger mit schöne Lederkoffer kam un 'ne feine Dame oder Herrn dabei. Wehrn wir auch gerne ma mitgefaan.
Nee, wennz hochkam packte Mutter sonntachs, in Sommer wenn die Sonne schien, paa Schnittn Brot un Katofflsalat ein. Denn tippltn wir nachn Holstnbaanhof un fuhrn mitte Vorortsbaan nach Klein Flottbek. Von da tippltn wir zu de Elbschloss Brauerei. Vonne Elbschussee gink 'ne Treppe runter an Strant mit schön'n weissn Sant. Vater waa mittn Faarad hingefaan un hatte schon das Zelt aufgebaut. Das bestant aus 'ner Wolldecke un zwei Besnstiele. Die Decke laach hintn aufne Mauer, mit Sant un Steine beschwert. Mutter konnt so auch ma in Schattn Sizzn. Die Tasche mit Essen wurde darunter halp in kühleren Sant eingegrabn.
Denn wurdn wir Göhrn mit Nivea eingeschmiert. Nüzzte aber nich viel. Paa Tage spehter pelltn wir anne Schultern un an Rückn ab. Mutter hatte schon 'n richtign Badeanzuch an. Vater zooch nur de Anzuchjakke aus. Ich seh ihn noch: Müzze auf, aufgekremplte Ärml an sein weissn Hemt, Weste an, un die Büxnbeine hoch bis untern Knie. Gink bis zu de Knie sogaa in Wasser. Un irgntwann kam der Eismann mit sein schwern Eima angeschleppt. Seine Klingl hattn wir schon lange gehört. Un denn gabs: Ein zu Fümf. Ein Eis für fümf Fennich. Das waan Schiffchen voll, nich viel aber das Grösste von ganzn Tach. Dann schleppte er weiter an Swant lenks. Mit'n Wagn, auch nich mit Luftreifn, konnz nich durchn Sant.

An der Elbe
Auffe Elbe waan immer viele Damfer zu sehn. Oft ganz Grosse un die machtn viel Welln. Das waa der schönste Spaass für uns Kinner. Die Nam'n vonne grossn Damfer waan uns schon geleufich. Zun Beispiel die vonne Hamburch-Süd, wo wir Zigarettndamfer zu saachtn. Die hattn 'n weissn Schornstein un obn 'n grossn rotn Rink. Sah aus wien Mundstück. Die Nam'n waan: Cap Arcona un Cap Polonio. Viele fingn mit Cap an un nannte man auch die Cap-Linje. Kam einer auf mittn gelbn Schornstein un Schwarz-Weiss-Rote Ringe, denn waas einer vonne HAPAG. Die Albert Ballin, Hamburch oder New York. Von all de Damfer gibts heut nur noch Bilder von Einma, weiss ich noch ganz genau, kam 'n grosses Wasserfluchzeuch runter. Das waa derzeit das Grösste der Welt un hiess DO-X. Waan richtign Zufall das wir grade an Strant waan. Un denn die vieln Bakassn, Schlepper, Fischdamfer, Ewer un Fischkutter von Finknwerder.

Finknwerder laach grade gegnüber. Mittn Fehrdamfer vonne Landunksbrückn fuhrn wir hinun wieder mal rüber. Waa um die Zeit noch ganz schön einsam da. Umme Landunksbrücke rum standn nur wenich ‘ Heuser. Ann Deich, gleich nebn de Brücke, waan viele Fehle eingegrabn. Obn waan Weschelein'n gespannt un da hingn Scholln an. Immer zwei zusamm'n, an Steert aufgehengt. So wurdn sie von Wint un Sonne getrocknet.
Wir vier spazierten obn auffn Deich lenks un konnten auffer einen Seite die Elbe, un auffer annern Seite von obn inne Fenster vonne Heuser sehn. Die lagen ganz geduhkt hinnern Deich. Zu de Haustürn gingn Holztreppen runner. Hier un da gabs kleine Gastwirtschaftn mittn Kaffeegartn. Da gabs für de Eltern Kaffee un Kuchen un wir Görn krichten jeder ne kleine Brause. Danach spazierten wir durch Apflgertn un auffn Deich zurück zun Anleger. Da lagen auch die Fischkutter. Manchma fuhrn welche wech auffe Nordsee, oder kam welche mit frische Fisch. Denn nahm Mutter welche mit fürn annern Tach.

Waa viel Lebn auffe Elbe. Elbaufwerts un abwerts. Die grossen Schlepper kwalmten. Manchma waan vier Stück nötich um‘n Überseedamfer in Hafn anne Kaimauer zu bugsieren. Zwei hintn un zwei vorne denn sie musstn den Damfer noch drehn damit der Bug elbabwerts zeicht wegen Feuersgefaah. Gleich neben Finknwerder waa Lotsenhöft. Da gink der Elblotse von un der Hafnlotse an Bord. Konnz beobachtn wie der Lotse sich aussenbords anne Jakobsleiter hoch hanglte. Un überall dazwischen tuckertn Bakassen, mit oder ohne Schute in Schlepp, Polizei- un Zollboote un der Hafnarzt. Fischkutter un Ewer segeltn bei günstign Wint. Das spaate Dieselöl für das Röchleisn, so nanntn sie den Motor. Kannz maa sehn was inne dreissiger Jaare alles los waa auffe Elbe. Heute freuss dich wenn'n Seglboot siehs.
Die ganzn St. Pauli Lannungsbrückn bestandn aus einzelne Pontonks. Lagn zwischn Duckdalbn un hattn kleine Gangways aus dickn Blech vonein zun annern. Wenn viel Verkehr waa vonne Grünrinkdamfer un Schlepper, die lagn auch da büschn elbabwerts, denn gingndie Pontonks rauf un runner un hin un her. Konnz richtich büschn seekrank von werdn un hatts'n mulmiges Gefühl in Magn.

Bei normale Flut musstes vonne Strasse die Brückn runner auffe Pontonks laufn. Wenn Sturmflut waa laagn die Brückn grade oder musstes schreech nach obn gehn. Denn lief das Wasser aber schon auffe Strasse, manchmaa inne Keller bei de Vorsezzn. In so'n Fall schossen sie vorher Böller bein Stintfank, inne Nehe von Bismarckdenkmal. Konntn die Anwohner rechzeitich was nach obn schleppen.

Bein Uhrturm un an Baumwall laagn viele Bakassen. Die brachtn die Hafnabeiter un Schauerleute zu de einzlnen Schuppen inne verschiedenen Häfn oder zu de Werftn. Morgns un abenz waa da höllisch was los. Waa alles schwarz voll Menschn un die saan alle gleich aus. Hattn'n altn dunkln Anzuch an, Dritte-Schicht-Müzze auffn Kopp un ihrn Zampl aufn Rückn. Morgns waa nur der emalierte, manchmaa gelötete Kaffeeteng un die Blechdose mit Brot in. Abenz waan ma paa Kaffeebohn'n Südfrüchte oder was sonst grade entladn waa, in Zampl. Der Zoll passte auf un kontrollierte.

Mit unser erstes Fahrrad sint wir oft dahin un habn rumgelungert. Meist hat uns einer aus sein Zamplfne Apflsine oder Banane gegebn. Spehter sind wir auch in Freihafn reingefaan. Durchn Zoll waa immer'n komisches Gefühl. Als wenn wir was Verbotnes tatn. Lanksam habn wir so den ganzn Hafn endeckt un kanntn alle Kaianlagn.
Blohm un Voss konnz ja vonne Lannungsbrückn sehn un auch hörn. Die Presslufthammer vonne Nieter, blaues Licht vonne E-Schweisser un Hammerschläge vonne Schiffbauer. Es gab noch die Kesselklopfer mit ihrer eigenen Sprache. Die "Kedelkloppersprache“ lerntn wir Görn ganz schnell vonne Grossn auffe Strasse. Das mochtn die Erwaxenen gaanich un meggertn mit uns rum. Sogaa die, die auffe Werft abeitetn. Inne Schule konntn wir Eingeweihtn uns perfekt damit verständign. Sogaa die Deerns ausse Plünnallee konntn die Kedelkloppersprache.

Elbtunnel, und dann weiter
Einer der das nich hörn mochte, wohnte bei uns in Paterr. Er waa Takler bei Blohm un Voss. Freitachs konnt er mit sein Lohn nich nach Hause finn'n. Saachte seine Frau Helene zu mir: "Kommz mit, Hermann aufpassn. Kriss Dreissich Fennich." Mann, das waan Vermögn für mich. So fuhrn wir beide mittn Faarad vorn Elbtunnel. Da konnz obn anne Treppe auffe Strasse stehn un alles übersehn. Un denn kam'n die Hafn- un Werftabeiter durchn Tunnel un mitte Faastühle hoch. Die spucktn immer gleich Hunnert Mann auf einma aus. Ein nachn annern. Konnz gaanich so schnell kuckn. Saan alle gleich aus mittn dunklen Zeuch, Müzze un Zampl. Einma hatte ich Dreissich Fennich. Sonzz hat sie ihn selbs gefunn'n. Ich krichte 'n Groschn un musste schnell verschwinn'n. So hat sie wohl immer die Miete un Haushalzgelt gerettet. Anners hätte er das meiste versoffn.

Zu mir waa er immer ganz nett. Er hat mir Seemannsknotn beigebracht un denn mal schöne Sachn aus Tauwerk vonne Werft mitgebracht. Das waan richtige Kunstwerke un kann heut bestimmt keiner mehr nachmachn. Roch alles so schön nach Teer. Hatte ich denn nebn mein Bett gehengt. Denkst bis anne Elbe.
Als wir 10 Jaah alt waan sint wir denn auch durchn Elbtunnl gefaan. Drübn auf Steinwerder durchn Zoll. Gleich nebnan waa noch die alte Badeanstalt nur für Männer. Rechte Seite waa der Eingang von Blohm un Voss. Nu wusstn wir wo die Werftabeiter reingingn. An Tor standn die Werksfeuerwehrleute un kontrolliertn Zampels un Aktntaschn.
Wir fuhrn denn weiter den Reiherdamm runter bis zu de grosse Feuerwache un Ellerholz-Schleuse. Da laagn immer die Getreideheber mit ihre langn beweglichn Rohre. Ein Tach laach da die deutsche Walfangflotte. Mehrere kleine Schiffe mit ihre Harpunen auffn Stevn, un denn das grosse Verabeitungsschiff "Walter Rau" auf den die Wale zerleecht wurdn un Tran gekocht.
Un denn weiter nach Neuhof, an grossn Kraftwerk vobei. Da lagn riesige Kohlenhaufen un die drei hohn Schornsteine kwalmtn immer. Unser Wech gink immer an Zollgitter lenks. An Ende, bein Rosskanal, waas wieder raus aussn Zoll. Nu waas an Köhlbrand. Von da gink das Trajekt rüber nach Waltershof. Das Trajekt waa'ne ganz alte Fehre für Eisnbaanwaggons. Das nahm auch Autos un Ferdewagn mit wenn noch Plaz waa. Fussgenger sowieso. Erzehl ich spehter mehr von.

Spielen
Als ich noch kein Faarad hatte, gingn wir in Wehbers Paak zun Spieln. Gleich nebn Emiljenbaanhof. Ers mit Mutter inne grosse Santkiste, spehter denn allein Schaukln un in Planschbeckn. Viele Mütter sassn rundum auffe Wiese un machtn so Bekanntschaften. Jaahre spehter bautn sie den Insche (Indianer) Paak an‘n Eimsbüttler Maakplazz mit Kletterbeume, Wigwams aus Baumstemme un'ne Burch aus Baumstemme. Um da reinzukomm'n musstes durchn hohln Baumstamm kriechn. Das konntn aber nur die Lüttn. Wir kam'n balt nich mehr durch un das Intresse waa wech. Schaukln konntn wir auch in Wehbers Paak anne Emiljen Strasse.

Da waa ja auch der Hochbaanhof. Der laach mittn auffe Strasse. In'n paa Minutn standn wir obn anne Treppe un fraachtn Menner die Zigarettn rauchtn "Onkl, hassn Bilt?" Oft holte er die Zigarettnschachtl ausse Tasche un gab uns'n buntes Bilt. Juno, Eckstein, Muratti, Schwarz-Weiss, Lloyd un Halbe Fümf, jede Fabrik hatte 'ne andre Serie. Konnz auch Albums für kriegn zun Einklebn oder Einsteckn.
Die Doppltn tauschte man mit annere Kinder oder Erwaxne. Abeitzlose standn mit kleine Holzkästn anne Strasseneckn. In jedn Kastn eine bestimmte Serie. Die tauschtn ein gegn zwei Bilder. Aber lupn rein musstn sie sein un wurdn darum auch mit'ner Pingsette angefasst. Viele Leute hattn Zettl mit de fehlnden Nummern inne Tasche. Fandn sie welche, liessn sie sich die Bilder bis annern Tach zurücklegn.
Eines Tages machte eine Fabrik was ganz besonneres. Sie stecktn gestickte Blum'n un Schmetterlinge auf Stramei inne Schachtln. Die nehtn unsre Mütter zusamm'n un machtn Kissnbezüge fürn Sofa davon. Konnz überall inne Wohnungn sehn. Waan ja auch hübsch bunt fürn graun Alltach.
Ausser Bildersammln hattn wir noch viel anneres zu spieln. Aber alles draussn. Kinnerzimmer zu spieln gabs nich. Bei uns gink nur'ne Kommode un zwei Bettn rein. Inne Ecke stant noch ein runder eiserner Oofn bis unter de Decke. Kann mich nur entsinn'n das der dreima geheizzt wurde. Wenn wir in Winter krank in Bett lagn. Mit Masern, Rötln oder ne starke Erkeltung mit Fieber. Sonnz nich.

In Winter waan oft dicke Eisblum'n anne Scheibn un bei annere Kinner waas auch so. In Frühjaah gingn die Draussnspiele denn los. Reihnfolge weiss ich nich mehr genau. Aber alles immer wieder schön nacheinanner. Ersma Mamln. Das waan die lüttschn, buntn Tonkugln. Mitte Stieflhacke wurde ne kleine Kuhle inne Erde gedreht. Von ein Strich wurdn die Mamln inne Kuhle geworfn. Was davon draussn liegnblieb, wurde mit'n Finger reingeschubst. Der die lezzte schubste, durfte alle behaltn. Jeder hatte sein Stoffbeutl dafür. Dadrinn waan auch die wertvolln Ditscher aus Glas mit faabige Streifn in. Ein Ditscher waan 20 Tonkugln. Manchma hattn wir auch welche aus Stahl von Kugllager. Die vertauschtn wir nich.

Denn kam die Zeit für Kibbl-Kabbl. Dazu brauchte man'n Stock, dünner wie'n Besnstiel un dreivirrtl Meter lang. Denn noch'n daumdickes Stück Holz, zwei Finger lang un an beide Seitn angespizzt wie'n Bleistift. Das waa der Kibbl. Der wurd kwehr über'n Mamlloch geleecht, mittn Kabbl unnergehakt un denn weit wech geschleudert. Da stant denn jemant un versuchte den käbbl aufzufangn. Hatte er ihn, durft'er drei Schritt nach vorne un auffn Kabbl werfn. Der laach denn kwehr übern Loch. Traaf er, wurde gewexlt. Wenn nich, gink dasselbe wieder los. So, nu waa der Kibbl aber nich gefangn un laach anne Erde. Denn ginks hin, hautes auffass angespizzte Ende, der Kibbl sprang inne Luft, un krichte denn ein Schlach mittn Kabbl un flooch weit wech. Konnz nochma un nochma, bis vobeihautes. Denn musstes ihn aufnehm un die Schritte zun Loch zehln. Gaap noch 'n paa annere Regln mit dopplt zehln un so. Aber das ganze Spiel waas immer schön am laufn.

Nu kam das Kreusln. Das waa sonn rundes, gedrexltes Stück Holz, untn spizz, mittn Nagl drin. Dazu ne Leiste mittn Stück Bant an, als Peitsche. Der Kreusl kam inn lüttes Loch von'n Siel auffn Trittoa. Ein Schlach mitte Peitsche un er tanzte paa Meter weiter auffn Nagl. Denn krichte er wieder ein un wieder ein, die ganze Strasse rauf un runner. Anschmeissn konnz ihn auch anners. Zwischn de Fingerspizzn, un denn wechgeschnippzt. Damit waas auch immer schön am laufn.

Noch was zun laufn. Trudlreifn. Gab welche aus Holz mit bunte Faabn. Hattn wir natürlich nich. Wir suchtn uns anne Ascheimastellplezze inne Hinterhöfe 'n altes Vorder- oder Hinterrad von Faarad. Ba knacktn wir die Speichn un Nabe raus. Gleich wieder in Ascheima. Mittn lüttschn Stück Holz wurde der Reifn ingange gebracht un denn jachtertn wir hinterher. Natürlich auffn Trittoa. Manchma lief das Ding so schnell, konnz ihn nich einholn. Denn lief der Reifn ein vonne Erwaxnen auffe Hackn oder vorn Schienbein. Hautn wir aber ab.
Stant'n alten Kinnerwagn an Ascheima, puhltn wir die Rehder ab. Inne Nabe hautn wir ne Wescheklammer un denn schobn wir mittn langn Stock das Rad anne Klammer vorwerts. Na, waa dasselbe. Irgentein Erwaxnen auffe Hackn oder Schienbein un denn waas wieder am renn'n.

Was ruhigeres waa Feilnhaun. Saachtn wir auch Messersteck dazu. Einer von uns holte aus Vaters Werkzeuchkiste'ne Rund- oder Vierkantfeile. Damit konnz schön inne Erde haun. Nu gabs entweder Länderklaun oder Eier. Bein Länderklaun wurde'n grosses Rechteck in'n Sant gekrazzt un inne Mitte geteilt. So hatte jeder sein Lant; Nu musste jeder auffe Mittllinje haun. Wer am dichtestn ran oder den Strich traf waa Erster. So, nu hautes in den annern sein Lant un zoochs darüber 'n Strich. Denn nochma auffn Strich oder Daum'nbreit danebn. Mittn Daum'n wurde gemessn un denn hiessass "Issie". Mittn Schuh wischtes den Strich wech un hattes mehr Lant. So ginks weiter bis er nich mehr in sein Lant stehn konnte. Hatts denn gewonn'n.
Wenn die Feile aber nich steckte oder nich auffn oder nebn Strich waa, kam der annere. Bei Eier waas so ehnlich. In'n Viereck wurdn vier Kreise aufgekrazzt. Alle schön gleich gross. Krichte jeder zwei von. Der anfink musste erst ne Brücke zu seine beidn eichnen haun. Denn zu den annern rüber. Nu 12 in sein Ei un er waa tot. Fiel die Feile aber vorher um, musste er die Schläge wieder rausholn un konnt nu mittne Brücke zu dir rüber. Konnt auch dabei passiern das ma in Schuh un in Zeh hautes.

Spehter, als wir Finnmesser hattn, die gabs an Hafn zu kaufn, gink das Messerwerfn los. In Hof hintn waa 'n Kohlnschuppn, da konnz an Tach richtich Kohln kaufn, da waan die Bretter schön weich. Da steckte das Messer ganz leicht in. Ers schmissn wir auffn Knast oder gemaltes Kreuz. Als wir gut waan, stelltn wir uns selbs hin wie in Zirkus. Is nie nix passiert. Waa manchma aber ganz schön dicht ran. Das Messer trugn wir immer inne Hose damit es keiner sah.
Dann gabs noch "Kriegn", "Versteck" oder"Klumpnversteck". Vorher wurde abgemehlt wer waa. Der musste suchn oder den annern antickn. Oder wurde gerufn "Tick, Du biss." Zun Abmehln gabs verschiedne Reime. Gute un annere. Der kürzeste waa: "Oors, Mors, Aff." Da wusstes aber schon vorher wer "waa" un suchn musste. Denn gabs den mit Ehle, mehle, muuh. Kennt wohl jeder. Aber 'n annern mochtn wir lieber. Waa zu lang zun beschummeln, un gink so: Ehle, mehle, micknmackn, eene Fru de mutt mol kackn, nimmt 'n Stock, bohrt ‘n Lock, schitt 'n grootn Heringskopp.
Die Deerns, klein un gross, spieltn "Probe". Mittn Ball immer anne Want. Natürlich gabs Regln wass alles machn musstes. Oder "Geschichtnball". Dabei stann'n zwei nebnannner. Eine hörte zu und die annere dachte sich'ne Geschichte aus un spielte mittn Ball anne Want. Wir Jungs stelltn uns danebn un grinstn. Denn kam'n sie aussn Lot un wurdn gallich. Hinkepott oder Hinkfuss spieltn sie auch noch auffe Steinplattn von Trittoa oder Springtau.

Wenn einer vonne Jungs un Deerns Rollschuh hatte, gink er nach'n Doormannswech. Das waa 'ne lüttsche Strasse zwischn Schussee un Fruchtallee. Konntn kaum zwei Ferdewagn aneinanner vobei. Aber waa die einzige Strasse mit Asfalt inne Nehe. Un da liefn denn die ganzen Kinner ausse Gegnt auf ihre Eisnrolln rum un waa 'n höllischn Lerm. Wer keine hatte sass auffn Kantstein un watete,ob jemant ihm die Dinger ma leihnte. Oft waa'n Rad schon kaputt un bremste immer. Floochs dauernd hin un hatts keine Lust mehr.
Holtn wir denn 'n Tennisball un unsre Krückstöcke zun Hockiespieln. Wurde das langweilich gingn wir auffe Schussee, kucktn ob'ne Strassnbaan kam. Wenn nich, gingn wir jeder an eine Schiene un die Stockspizze rein. "Auf die Plezze, fertich, los." Un denn ranntn wir los. Der Dreck ausse Schien'n flooch wie ne Fonteene raus. Gewonn'n hatte der, der zuers bei de Weiche waa. Aber oft pöbltn die Leute von Trittoa oder kam vor uns auffe Strasse. Musstn wir schnell nache Seite abhaun.

Im Winter wenn Schnee laach, reumtn die Ladnbesizzer vor ihre Lehdn alles sauber. Schraaptes mit de Schlittnkufn immer auffe Steine von Trittoa rum. Der Schnee laach denn an Kantstein un auffe Strasse un waa schön festgefaan. Konnz dich gut ann Ferdewagn hengn. Aber nur inne Seitnstrassn. Meist gingn wir zu Sternschanzn Wasserturm. Da konnz den Berch an drei Seitn runnerrodln. Nache Amandastrasse un Weidnallee zu waa der Berch schön lang. Da standn auch wenich Beume. Wenns obn losgink gröhltn die Göhrn: "Hengelidoor, Plazz vonne Glitsch."
Wer Schlittschuh hatte gink ann Isebekkanal: Gleich wo er anfenkt waa er schön breit, Zwischn Christuskirche un Bundesstrasse. Wennz die Schlittschuh von Bodn holtes waan sie rot verrostet. Un das Gewinde für'n Vierkantschlüssl gink nich mehr zu drehn. Wurde mit Faaradöl ingange gebracht. Oft mit ner Kneifzange, weil der Schlüssl wech waa. Konnz dir ann Isebek vonne annern ein leihn. Denn wurdn die Dinger untere Stiefl geschraupt. Anne Hackn waan richtige Kralln. Nanntn wir deshalp auch "Hacknreisser". Oder de Sohln wurdn zusammgekwetscht un gingn von Oberleder ab. Mochts ja nich nach Hause. Gelt fürn Schuster hattn wir nich. Machte Vater immer alles selbst. Werkzeuch, Teekse un Dreifuss standn auffn Bodn un nu hautn wir uns de Hacke selber fest. Kam aber spehter sowieso raus.
Waa starkn Frost machtn die Grossn ne lange Glitsche hintn aufn Hof. Alles Eis un wurd immer lenger. Abenz kam der Vize der den Hof sonnz fechte, nahm ne Schaufl voll Asche aussn grossn Ascheima un streute sie auffe Glitsche. Aber spehtabenz schüttetn die Grossn paa Eima Wasser hin. Hattn wir morgns wieder ne schöne Glitsche un gink wieder los mit "Hengelidoor".

Schule
Inne Schule musstn wir ja auch. Gingn morgns die Plünnallee hoch bis anne Grenzfehle. Da waa nemmlich Hamburch zuende un fink Altona an. Der Holzfaal waa weissrot gestreift gestrichn mit'n Hamburger Wappn obn. Der annere von Altona waa aus Schmiedeeisn un mittn schwarzn Preussischn Adler obnauf. Auffe Strasse waan zwei Steinreihn'un trenntn die Flastersteine. In Hamburch lagn rechteckige un in Altona waa Kopfsteinflaster. Wir bliebn auf hamburger Gebiet un gingn durchn Kazznstiech. Der hiess richtich Grenzweech. Stant so auffn Stadtplan. Nache Altonaer Seite waa'ne hohe Mauer mit einzementierte Glasscherbn obnauf. Auffe Hamburger Seite waan Gitter. Konnz durchkuckn inne Tabakfabrik vonne GEG. Roch schön nach Tabak un konnz die Fraun anne Laufbender sehn, wie sie die Bletter sottiertn.

An Ende von Kazznstiech standn noch zwei Bauernheuser mit riesiege Kastanienbeume inn Hof. Un das mittn inne Stadt. Denn gingn wir weiter durchn Santweech. Der hiess nur so. Da wohnte Schippers van der Ville. Er hatte immer die grösstn Karussells auffn Dom. Wir Göhrn kanntn ihn gut. Wenn er aus seine Villa kam, fraachtn wir ihn nach Freikartn. "Schippers hass‘n paa Freikartn für uns?" Er hatte jedesma welche dabei. Gegnüber von seine Villa waa Schilder Werner. Der liess morgens seine dänische Dogge, die so gross waa wie wir, allein auffe Strasse. Die stellte sich uns inn Weech un gink auf unsre Brottaschn los, die wir an Riem'n um Hals hattn. Einer von uns holte denn schnell sein Frühstücksbrot raus un warf es anne Erde. Wenn der Hund fraas, ranntn alle vobei. Inne Schule krichte der, der sein Brot geopfert hatte, von den annern was ab. Anne Ecke Eduardstrasse in der die Schule laach, waa noch ne Semf- un Essichfabrik. Roch die ganze Gegnt nach.

Das Schulgebeude waa genau in der Mitte geteilt. Linke Seite für de Jungs un rechte Seite für de Deerns. Hattn auch jedereein eichnen Eingang. Hintn auffn Schulhof dasselbe. Dazwischn ne gedachte Grenze wo sich keiner rüber traute. Alle schön getrennt.
Aber konnz ma ganz unfreiwillich rüber komm'n. Mittn Lehrer un sein Reetsche. Denn ginks vor die gleichaltrige Klasse. Bückn un denn gabs drei mittn Knüppl. Klaa, das der Schüler kein Mucks von sich gab. Ers draussn auffn Gang un bei uns inne Klasse. Bei uns waa er denn ein Held un gross angesehn. Inne nechste Pause zooch er de Hose runner un wir kucktn uns seine Striem'n an. Ich waa aber nie da drübn.
Bein Stundnanfank un anne Pausnendn stant immer einer anne Tür un passte auf, wenn der Lehrer kam. Denn ranntn alle auf ihre Plezze un waa Ruhe in Klassnzimmer. Waa einer noch laut, saachte der Lehrer:" Krichs gleich 'n Tadl inne Kladde." Das waan blaues Heft un laach immer auffn Pult. In Nullkommanix waa die Klasse meuschenstill. Darum habn wir auch viel gelernt. Die Lehrer konntn uns alles so gut beibringn.
Mit 10 Jaahn, inne fümfte Klasse krichtn nur 6 Schüler Englischstundn. Un ich waa dabei. Die annern 27 musstn Deutsch weitermachn in der Stunde. Spehter musstn die Engländer zur Frühstunde. Also zusezzlich morgnsfrüh. Hatt aber Spaass gemacht. Inn 7 ten Schuljaah saachte der Lehrer: "Nu könnt ihr Raumlehre un ab jezz machn wir nur noch Algebra. Das braucht ihr weil die meistn von Euch Hantwerker werdn wolln. Un denn finkass mit eine, zwei un drei Klammerauflösn an. Danach kam "X-ausrechnen. Konntn wirb balt auch. Nur, denn wollt er noch "Y" dazunehm'n aber da waa de Schulzeit von 8 Jaahn zuende. Mochte gerne zu Schule gehn un Diktat waa mein Bestes. Un das waa alles inne Volksschule damals.

Leute
Nu will ich noch von paa Leute erzehln die bei uns rum wohntn. Da waa der Tischler inn Hof mit seine kleine Werkstatt. Der Alte waa sonn Lüttn mitn Silberblick un sein Sohn Waller. Der waa wohl ebn inne Zwanzich. Meist bei Regn, aber auch sonst, gink ich in die Werkstatt un klemmte mich zwischn Fenster un Hoblbank von Waller. Ersma machte ich seine Hoblbank sauber von Seege- un Hoblspeene. Denn packte ich das Werkzeuch alles orndlich hin un kukkte zu, wie Waller die Abeit machte. Meist habn sie verfaulte Fensterflügl repariert. Kannte ich balt alles. Wie gemessn wurde, oder die Leistn dafür genau gehoblt. Denn eingepasst, die eisernen Winkl eingelassen, mit Mennich eingeschmiert un eingesezzt. Kam ein Kunde mit'ne polierte, aber verkrazzte Tischplatte, denn machte der Alte das selbs. Brauchte ein oder zwei Stundn dafür un die ganze Werkstatt stank ensezzlich nach Spiritus. Aber denn konnz dich inne Platte spiegln. Wackelige Stühle wurdn auch gebracht. Fehlte blohs 'n büschn Leim, un ne Schraube. Fertich. Der Knochnleim wurde in'n Wasserbad erwermt. Oft durft ich auffn Leim aufpassn. Ers Speene un Holzabfälle inn Ofn tun un ansteckn. Waa der Leim flüssich saachte ich Bescheid. Denn wurd alles geleimt was schon dafür vorbereitet waa.
Maschien'n hattn sie keine. Gebohrt wurd alles mitte Brustleier. Geseecht mit grosse un kleine Büglseegn. Das einzige waa 'n grosser Santschleifstein mittn Trittbrett. Der stant hintn auffn Hof. Wenn Waller die Stecheisn anschliff, durft ich mit raus un tretn. Anschliessnd wurdn sie auf belgischn Feldspat abgezogn. Spuckte er vorher drauf. Nu waan sie wieder schaaf wie Rasierklingn.
In Herbst fraachte ich ihn wegen Drachngestell. Durfte ich denn an den Altn seine Hoblbank selber machn wenn der auf Kundschaft waa. Ein Weihnachtn saachte Waller: "Sollz deine Eltern man ma 'n schön Adwenzleuchter machn" Un denn machte ich 'n Fuss, Stender un 'n Kreuz für de vier Lichter. Als ich fertich waa, saachte er: "So, un nu noch schön funieren. Weisst ja wieass geht." Ers Funier aufgeleimt, Kantn befeilt, geschliffn un denn mit Politur schön mattpoliert. Die vier Blechsterne für de Kerzn musste ich kaufn. Aber nu waas ein schönes Stück. Waller waan netter Kerl.

Da waa aber noch 'n annern Waller. Der Sohn von Meechmann gleich vorne an Torweech. Er waa 18 Jaah alt un ich 10. Waa aber trozzdem wien besten Freund zu mir. Nachmittachs musste er hintern Haus die schietign Meechflaschn un grossn Meechkann'n waschn. Wenn ich ihn klappern hörte, machte ich'n Klimmzuch un kletterte über seine hohe Planke. Denn freute er sich. Ich nahm die gewaschnen Flaschn aussn kaltn Spühlwasser un steckte sie auf runde Hölzer zun ableckn. Dabei konntn wir schön klön'n. Nachher kam'n sie in Drahtkörbe un ich truch sie nach vorne inn Ladn. Waller hat denn Keese gewaschn. Wenn wir fertich waan, krichte ich 5 Fennich. Das waa sonz mein Taschngelt von zu Hause für die ganze Woche.

Paa Jaah spehter, als Waller zun Abeitsdienst musste, hat er mir sein fast neues Ballon-Faarad geschenkt. Mutter wollt ers nich das ich ass annehm. Aber schliesslich durft ich damit los un waa der Könich unter de Jungs.

Wallers Schwester Herta waa 'n paa Jaah älter un stant immer in Ladn. Sie waa ne ganze Nette. Sonntachsmorgn musste sie mitte grosse Meechkarre auf Tuur. Ich stant um 7 Uhr bei ihr anne Karre un denn schobn wir beide los. Bei de Hinterhöfe musste ich inne Speichn greifn un das Rad auffn Kantstein drehn. Un denn trugn wir beide die Flaschn inne Treppnheuser zu de Wohnungn. Manchma stant 'n Meechtopf vor de Tür un gleich Gelt dabei. Schüttete ich die Meech rein un rannte wieder runner. Sonnz stelltn wir die Flaschn nur vor de Türn un nahm'n de Leern mit. Lezzter Kunde waan Cafe. Brachte ich 5 Liter Sahne rein. Krichte ich'ne Tafl Schokolade für Herta. Waa aber schon von Gelt abgezogn. Halbe Tafl schenkte sie mir un denn waa um 10 Uhr Feierabend.

Für meine Abeit krichte ich nu 30 Fennich. Das kostete die Kinnervorstellunk in Kino nachmittachs um 2 Uhr. Wenn ich wollte konnt ich jedn Sonntach gehn. Hatte ich mir ja selbs verdient.
Auffe Schussee waa auch 'n Meechmann in sein Kellergeschefft. Da gingn aber wenich Leute hin denn er waan grosser Nazi. Der hat das denn geschafft das unser Meechmann wechziehn musste. Wollte nur die Kundn habn. Unser Meechmann zooch nun zun Eppndorfer Weech. Aber seine altn Kundn gingn jezzt da hin un nich zu den Nazi. Dauerte nich lange un den sein Kellergeschefft waa zu. Er hatte nemmlich mitte Meech gepanscht un das mochtn nich ma de Nazis. Dafür kam er ein Jaah inn Knast. Habn sich die Leute gefreut. Meechausfaan oder Austragn hat unser Meechmann nich wieder angefangn.
Lesen Sie weiter im nächsten Kapitel: Die Jugendzeit
