Erlebnisse auf dieser Seite
Aberglauben von Ingrid von Husen
Wie hat man sich früher gekleidet? von Ingrid von Husen
Meine erste Brieftasche von Fritz Schukat
Nostalgische Rock-Legende von Jürgen Hühnke
Der Blick zurück auf haarige Zeiten! von Ingrid von Husen
70 Jahre Nylonstrümpfe von Annemarie Lemster
Tabu von Fritz Schukat
Aberglauben
von Ingrid von Husen erstellt am 10.02.2013
Was halten wir heute noch vom Aberglauben? Ich denke, in früheren Zeiten war er doch weiter verbreitet, als es heute der Fall ist.
Meine Mutter hatte mich da auf einiges aufmerksam gemacht, aber hat sie selber daran geglaubt?
Sie erzählte mir, als ich ein kleines Mädchen war, von der Katze, die einem über den Weg läuft. „Von rechts nach links, was flink’s, von links nach rechts, was schlecht’s“.
Oder, wenn man aus dem Hause ging und musste, weil man etwas vergessen hatte, noch einmal zurück gehen, hatte man den ganzen Tag kein Glück mehr.
Fand man einen Pfennig, musste man ihn anspucken, damit er sich vermehren konnte,
oder, „Spinne am Morgen, bringt Kummer und Sorgen, Spinne am Abend, erquickend und labend, Spinne am Mittag, bringt Glück am dritten Tag“.
Wenn ein Spiegel zerbrach, bedeutete das sieben Jahre Pech.
Aber mit den Träumen nahm meine Mutter es ernster. Wenn man von Zähnen träumte, bedeutete das, dass man demnächst einen Toten in seiner näheren Umgebung zu beklagen hatte. Wenn man aber wieder herum von einem Toten träumte, hatte man noch ein langes Leben vor sich.
Da ich ein sehr fantasievolles und aus diesem Grunde heraus auch ein ängstliches Kind war, glaubte ich diese Geschichten natürlich.
Selbstverständlich wurde bei uns zwischen Weihnachten und Neujahr keine Wäsche aufgehängt, denn das sollte Unglück bringen.
Später als junge Frau, in meiner allerersten eigenen Wohnung - ich hatte ein kleines Kind und von daher weiß man, dass immer irgendein Kleidungsstück auf der Leine hängt – hatte sich eine Nachbarin sehr über mich und meine Wäsche empört. Wie konnte ich nur an den Tagen zwischen den Jahren Wäsche aufhängen und es brächte Unglück!
Seit dem Zeitpunkt habe ich mich von jeglichen Aberglauben befreit. Ab da war das Humbug für mich. Ich wollte mich einfach von solchen, in meinen Augen „Blödsinn“ nicht abhängig machen. Für mich hatte das alles mehr oder weniger mit Zufällen zu tun.
Auch erinnere ich mich, als eine Freundin bei mir zu Besuch war und ich zeigte ihr Schuhe, die ich mir neu gekauft hatte. Ohne mir etwas dabei zu denken, stellte ich die brandneuen Schuhe auf den Tisch. Darauf kam von ihr ein lautes Gekreische: „Um Himmels Willen, Schuhe auf dem Tisch, das bringt Unglück!“
Wenn ich als kleines Mädchen mein Gesicht zur albernen Fratze verzog, wie es Kinder gerne mal tun, bekam ich von Oma zu hören: „ Du, wenn jetzt die Uhr schlägt, bleibt Dein Gesicht so stehen und Du musst Dein ganzes Leben lang so herum laufen!“ So ganz habe ich ihr nicht geglaubt, aber vorsichtshalber doch lieber mein Gesicht in normale Bahnen zurück verzogen.
Wie hat man sich früher gekleidet?
Ingrid von Husen erstellt am 19.07.2012
Heute ist alles bequemer geworden. Auch trennt man sich schneller von Kleidungsstücken. So wurde früher alles noch gestopft, geflickt, geändert, oder die nächst geborenen Kinder mussten die Kleidungsstücke auftragen. Die Kleider der kleinen Mädchen hatten mehrere Aufsäume, die mit der Zeit und mit dem Wachsen der Lütten raus gelassen wurden, somit konnten die Kleider eine längere Zeit getragen werden. Auch erinnere ich mich, dass z. B. bei den Oberhemden der Männer die durchgescheuerten Kragen erneuert wurden, indem man unten vom Hemd ein Stück abschnitt, es durch anderen Stoff ersetzte, und somit passenden Stoff für einen neuen Kragen hatte.
Wenn ich mir mein Klassenfoto, das 1942 aufgenommen wurde, ansehe, fällt mir zuerst auf, dass einige Mädchen noch Schürzen trugen. Auch einige Köpfe, (meiner auch !) waren mit großen Schleifen geschmückt. In Hamburg nannte man diese Schleifen auch Butterlecker.
Damals hatte man viel weniger Kleidung, sie wurde auch nicht so oft gewaschen wie heute, denn das Waschen war Knochenarbeit. Am Sonnabend war Badetag und dann gab es frische Unterwäsche. Einmal in der Woche – heute undenkbar!
Aber man hatte Sonntagskleidung. „Mach’ Dich ja nicht schiedig!“ (schmutzig!) hieß es. Denn wenn am Nachmittag der für viele Kinder verhasste Sonntagsspaziergang statt fand, sollte man noch adrett aussehen.
Die am meist gehassten Kleidungsstücke bei uns Kindern, waren das Leibchen und die langen Strümpfe. Das Leibchen hatte vier Strapse, an denen die Strümpfe fest gemacht wurden. Wenn mit der Zeit die Noppen kaputt gingen, hat man einen Pfennig genommen, um damit die Strümpfe festzuklemmen. Wenn die Strümpfe bei schnellem Wachsen der Kinder immer kürzer wurden, wurde die freie Fläche zwischen Schlüpfer und Strumpf natürlich immer größer, so dass man - damals hatten wir viel härtere Winter - sehr gefroren hat. Ich kann mich nicht an lange Hosen bei uns Mädchen erinnern. Aber auch die kleinen Jungen liefen mit langen Strümpfen und Strapsen herum, die bei kurzen Hosen oftmals hervorschauten.
Wenn meine Mutter aus dem Hause ging, trug sie oft einen Schal zum Turban gebunden. An Sonntagen ging sie oft auf hochhackigen Schuhen, trug ein winziges Hütchen mit einem Schleier vor dem Gesicht. Sogar Lippenstift benutze sie manchmal. Wenn sie nicht zu Hause war, bin ich als kleines Mädchen manchmal – wenn Opa nicht in Sicht war oder gar schlief - auf ihren Stöckelschuhen durch die Wohnung geeiert, habe ihren Lippenstift benutzt und ihre Kleider angezogen. Wehe aber, wenn Opa mich dabei erwischte, da konnte er richtig grantig werden, schließlich hatte er ja während der Abwesenheit meiner Mutter die Aufsichtspflicht übernommen. Und Lippenstift hatte zu der Zeit bei manchen Menschen noch den Ruf des Verruchten.
Als ich ins „Backfischalter“ kam, kümmerte ich mich zunehmend selbst um meine Kleidung. Da wurde gestrickt, genäht, gebügelt, gestärkt. Ich hatte weiße Leinenpumps, die immer wieder mit „Schuhweiß“ bearbeitet wurden, dass sie wie neu aussahen.
Etwas später, als die Zeit kam, in der ich zum Tanzen ging, zog es mich in Lokale, in denen der Boogie-Woogie getanzt wurde (Vorläufer des Rock and Roll) dort trug man unter anderem Caprihosen, ganz flache Ballerinaschuhe mit Bändern, die, über der Wade gekreuzt hoch gebunden wurden.
Immer wieder gab es Neuheiten. Irgendwann kam der Petticoat in Mode. Der bauschige Rock ließ die Taille noch schmaler erscheinen, als sie ohnehin schon war. Nebenbei gefragt: „Wo ist sie geblieben?“
Als man zur Nacht ein „Baby Doll“ trug - ein kurzes Höschen mit Hängerchen aus sagenhaft, schönen Stoffen – musste ich so was auch unbedingt haben, obwohl ich die Nächte ganz brav neben meiner Mutter liegend verbrachte.
Wenn man bedenkt, dass zu der Zeit eine Fernsehansagerin ihren Job verlor, nur, weil sie auf einem Faschingsball so ein Baby Doll trug, müssten wir inzwischen in Zeiten des vollkommenen sittlichen Zerfalls angekommen sein!
Was ich als ganz schrecklich empfunden habe, waren die Nyltestklamotten, die Weiblein und Männlein trugen. Sie waren nicht luftdurchlässig, Und wehe, wenn man in ihnen schwitzte! Zum Weglaufen!
Im Jahre 1962 fing ich bei der AOK Hamburg an zu arbeiten. Also Behörde!!! Als ich es einmal wagte, mit einer langen Hose ins Büro zu kommen, bat der Chef mich in sein Allerheiligstes, um mir mitzuteilen, dass das Hosentragen in diesem Hause nicht erwünscht wäre.
Aber was war ein paar Jahre später? Die lange Hose hatte sich bei den Damen aller Altersgruppen durchgesetzt. Auch in den Büros. Und irgendwann wurde sogar die heute nicht mehr weg zu denkende Jeans salonfähig.
Mit dem Einzug der langen Hose, wurde auch der Unterrock überflüssig, der bis dahin für erwachsene, weibliche Wesen zur Unterwäsche dazu gehörte.
Heute tragen die jungen Frauen Tangas, damit sich aber auch gar nichts bei der langen Hose abzeichnet, denn der Po muss glatt und prall aussehen!
So ändert sich Zeit und Moral!
Meine erste Brieftasche

Papas Brieftasche)
Brieftaschen sind nicht mehr „in“. „Mann“ hat heute kleine lederne Handtaschen, die auch schon mal etwas teurer sein können, von Samsonite oder gar Vuitton. Da steckt dann auch gleich das ganze Leben drin, Ausweise, Scheckkarten, Bargeld und und und - eigentlich nur noch um Nuancen unterschiedlich zu dem typischen Inhalt von Damentaschen.
Meine erste Brieftasche
Fritz Schukat, September 2010
Früher hatten die Herren Brieftaschen, die sie in die innere linke Brusttasche ihres Sakkos, Blasers, Jacke oder Joppe steckten. Im Sommer, wenn man „per Taille“ rumlief, konnte es schon mal eine der hinteren Hosentaschen sein, aber das ist heute gefährlich, zu viele Taschendiebe sind unterwegs und da muss man dann schon aufpassen.
Meine erste Brieftasche erbte ich Anfang der 1950er Jahre von meinem Vater. Ich liebte sie, obwohl sie eigentlich gar keine richtige Tasche war, es war ein Stück Leder, ehemals auf Hochglanz poliert, wie der Pappdeckel eines Oktavhefts zusammengeklappt und am schmalen unteren Rand zusammengenäht. In der Mitte stand in Goldschrift eingeprägt „Diamant Type 405“ darunter dann noch „Krystall Type 790“ und Planges Patent Type xxx“, unten kurz über der Naht stand „Georg Plange Hamburg“, ebenfalls eingeprägt, aber diskret ohne Goldprägung.
Ich konnte mir darunter nichts vorstellen, aber das war auch nicht wichtig, denn nun hatte ich eine Hülle, wo meine Utensilien reinkamen: natürlich mein Personalausweis. Die erste Ausführung erinnere ich nicht mehr genau, später dann sah er zwar aus wie der westdeutsche, nur die Papphülle war grau, nicht grün und es stand auch nicht „Bundesrepublik Deutschland“ drauf sondern nur „Behelfsmäßiger Personalausweis“, auch der Bundesadler war nicht drauf, aber man musste ihn immer bei sich haben. Auch mein Schülerausweis und die Monatskarte für die Straßenbahn gehörten zum Inhalt. Natürlich wäre auch Platz für Geldscheine gewesen, aber wenn ich damals als Schüler überhaupt ein bisschen Geld hatte, waren es Münzen und die hatte ich in der Hosentasche. Im Laufe der Zeit kamen auch einige Fotos mit hinein - und und und. Es war im Grunde genommen auch „mein ganzes Leben“ da drinnen, nur im Anfang war das natürlich noch nicht so viel, aber aufpassen musste man doch, denn der Verlust der „Papiere“ ist ja auch heute noch eine mittlere Katastrophe.
Ich habe diese Lederhülle immer noch, sie muss so um die 80 Jahre alt sein. Mein Vater hat sie lange vor dem Krieg bekommen. Als wir vor einigen Jahren umzogen, bekam ich sie wieder einmal zu Gesicht. Über das Internet bekam ich heraus, dass es diese Firma immer noch gibt. Es ist eine richtige Mehl-Mühle! Sie ist über 100 Jahre alt und wurde 1895 in Hamburg gegründet. Die Worte, die auf der Vorderseite in Goldprägung zu lesen sind, waren Typenbezeichnungen für bestimmte Mehlsorten. Heute gibt es die die Type 405 immer noch.
Irgendwann in den 1970/80er Jahren kam dann die Mode mit den Herrentaschen auf. Ich bekam natürlich auch solch Ding geschenkt, nicht ganz so teuer wie die oben beschriebenen Vuitton-Modelle, aber an die 100,-- DM musste man auch schon rechnen. In diesen Täschchen gibt es verschiedene Fächer und das ist gut so. Da stecken meine diversen Karten drinnen, darunter z.B. meine Krankenkassenkarte, ADAC, pay-pall usw., aber keine Scheckkarte! Ich habe ja schließlich einen Finanzminister, der sich um die Geldsachen kümmert, meine Frau. Und ich bekomme - wie früher - Taschengeld. Scheine und Kleingeld sind getrennt, aber sie fliegen trotzdem durch die Fächer, denn unten sind die nicht geschlossen. Manchmal versteckt sich auch ein Kugelschreiber dort, aber wenn man ihn braucht, ist er verschwunden.
Übrigens verschwunden: meine jetzige Tasche war schon mehrmals verschwunden, mit samt dem Inhalt! Immer war es meine eigene Schuld, mal lag sie auf dem Autodach, als ich wegfuhr, mal habe ich sie im Einkaufswagen vergessen und bin dann ausgerufen worden. Im Laufe der Jahre hat meine Tasche schon einiges miterlebt. Ich frage mich manchmal, ob ich nicht doch wieder zu der einfachen Brieftasche zurückkehren sollte, aber die Kleiderordnung hat sich ja auch schon so sehr geändert, dass es heutzutage keine richtige Stelle mehr gibt, wo sie untergebracht werden kann.
Nostalgische Rock-Legende

Jürgen Hühnke Jahrgang 1935
von Jürgen Hühnke
Als der mitdreißiger Jahrgang des vorigen Säkulums sich noch massiv in der Pubertät befand, definierte man ein Mädchen als ein langhaariges, rock- oder kleidtragendes hold seliges Geschöpf. Inzwischen ist, außer im Bereich des festlichen oder des folkloristischen Outfits, also bei Ball- und Abendkleidern oder bei Dirndln im Münchener Biergarten, nichts mehr von trapezförmig gewandeten Weibsen zu entdecken. Damals immerhin wurde eine Polizeibeamtin noch „Rockpolizist" geheißen - man nahm es da mit der political correctness noch nicht so genau. Längst aber lässt der herrschende genderübergreifende Look des Unisex die Frauen behost und die Männer mit langen Mähnen und gummibandumwickelten Pferdeschwänzchen auftreten. Begonnen hat das Unglück mit dem durch Hollywood, Babelsberg und Cinecittä bestimmten Frauenbild, mit dem „Sexappeal" genannten Effekt, wobei wir letztlich fehl übersetzen; denn das englische Wort „sex" meint gar nicht die Geschlechtlichkeit, sondern ganz profan das biologische oder das grammatische Geschlecht: der Mann, die Frau, das Kind. Erst die „Sexbomben" vom Schlage einer Marilyn Monroe oder einer Brigitte Bardot haben unser Augenmerk von der Leibesmitte oder dem Rock weg auf die Oberweite verlagert.
Nun wandeln sich weibliche Appeal-Zonen ohnehin vielfach und gehen jetzt wieder auf die Mitte hin. Wenigstens für die Sommermonate hat sich bei den Lolitas der gut belüftete und gepiercte Bauchnabel als bestimmendes Modemerkmal herausgebildet. So ein Nacktbauch-Brilli hätte sich eigentlich ja zu einem Rock seligen Angedenkens beziehungsweise dieser zu ihm - durchaus reizvoll ausnehmen können.
Aber Röcke sind out, schade drum, Ach, wenn ich zurückdenke an die fünfziger, sechziger Jahre, an die Shoppingtouren mit meiner Braut anlässlich der Winter- öder Sommerschlussverkäufe, die zu wahren Rock-Festivals gedeihen konnten, und nun gibt es keine Röcke mehr.
Halt stopp. ich muss mich korrigieren: „Gibt's nicht" gibt's nicht! In Piktogrammen für die weibliche Spezies kommen sie weiterhin vor, nämlich auf Straßenverkehrszeichen oder in der Gastwirtschaft auf der Tür zur Damentoilette. Dort ist die Rock- oder Kleid-Silhouette als Symbol für feminine Wesen erhalten geblieben. Warum wohl? Sicher nicht nur aus Nostalgie. Es muss doch etwas dran sein am Rock-Appeal.
Der Blick zurück auf haarige Zeiten!
von Ingrid von Husen vom 20.01.2012
In meiner Schulklasse trugen fast alle Mädchen Zöpfe. Sie wurden auch zu Schnecken über den Ohren, Affenschaukeln, oder zu einem Kranz auf dem Kopf frisiert.Ich trug meine Zöpfe ganz schlicht und mit „Poposcheitel“ (Mittelscheitel)
Wir Mädchen waren alle so ungefähr fünfzehn Jahre alt. Nach und nach verabschiedeten wir uns von unseren langen Haaren. Es gab eine Zeit, in der ich richtig stolz auf meine dicken Zöpfe war, die mir bis zum Po reichten. Aber wenn nun die meisten Mädchen sich von ihrer Haarpracht trennten, wollte ich auch nicht mehr wie ein kleines Kind durchs Leben gehen. Jeden Tag kam ein anderes Mädchen mit Bubikopf oder gar mit Dauerwelle in die Schule. So eine Dauerwelle wollte ich auch unbedingt haben.
Nach einem Kampf mit meiner Mutter, ging ich nun mutig in einen Friseursalon. Es war Ende der vierziger Jahre und die Zeit, wo man mit Handtuch und Brikett beim Friseur antanzen musste, war Gott sei Dank für immer vorbei. Es war eine scheußliche Prozedur. Nach dem Abschneiden der Zöpfe – wobei mir ganz mulmig wurde – wurden die Haare auf Wickel gedreht. An der Decke befand sich ein schreckliches Gerät mit elektrischen Kabeln, die nun herunter gelassen wurden, um sie an die Wickel anzuschließen. Ich machte mir Gedanken, was wohl passieren würde, wenn eine Panik ausbräche, ob bei einer Flucht mich dieses Gerät skalpieren würde. Diese Sitzung war wirklich grauenvoll. Nicht nur, dass es eklig nach irgendwelchen hochprozentigen Chemikalien stank, nein, es gab auch noch Verbrennungen an Haut und Haaren. Hinzu kam, dass es Stunden dauerte (oder kam es mir nur so vor?) bis man endlich erlöst wurde. Aber dann! Es war wirklich eine Erlösung, wenn man von der Höllenmaschine abgekoppelt wurde, zumal das Ganze auch ein ziemliches Gewicht hatte. Und für alles das, musste man noch eine ganz schöne Summe hin blättern. Sicher heißt es nicht umsonst „Wer schön sein will, muss leiden!“ Aber war man wirklich so schön? Aus heutiger Sicht ziemlich kraus und wirr das Ganze. Ich jedenfalls fand mich schick und auch richtig erwachsen!
Mit der Zeit änderten sich die Mode, die Technik und auch die Chemikalien. Die Kaltwelle erlöste uns Frauen endlich von den Qualen, die die Heißwelle bis Dato mit sich gebracht hatte.
Irgendwann gab es die Mecki-Frisur in Anlehnung an das Maskottchens der Zeitschrift „Hör zu.“ Die Dauerwellen wurden nicht mehr so kraus getragen, eben wie bei Mecki! Diese Frisur habe ich mir auch machen lassen, denn sie war wirklich schick.
Als ich siebzehn Jahre alt war, trat Jürgen in mein Leben. Das Schönste an ihm war sein tiefschwarzes Haar und seine schicke Friseur. Auch wenn es noch einige Zeit dauern sollte, bis Elvis uns alle verrückt machte, so konnte mein Jürgen sich damals schon mit der Elvis-Tolle schmücken, natürlich mit Hilfe von Haarcreme. Er war nicht uneitel, da war von Rund- und Fassonschnitt die Rede.
Eine lange Zeit wurden die Haare toupiert. Je höher die Frisur, desto schicker war man. Das gab somit ein tolles Volumen auf dem Kopf. Sogar Frauen mit ganz spitteligen Haaren, waren jetzt todschick. Man toupierte die Haare – was aber auch erst einmal geübt sein musste – dann wurde jede Menge Haarspray in das toupierte Gestrüpp hinein gesprüht und dann die Haare ganz vorsichtig und nur die oberen glatt gekämmt. Wenn ich heute auf alten Fotos solche Bollerköpfe sehe - natürlich lief ich auch mit so einem herum – könnte ich mich kaputt lachen.
Man ging nun spätestens alle vierzehn Tage zum Friseur. Wasserwelle oder auch Lockwelle hieß es nun! Es kamen verschiedene Größen bei den Wickeln zum Einsatz, auch Wellenkneifer bei älteren Damen und die gute alte Brennschere für festliche Schlangenlocken.
Was musste uns nach dem Besuch der persischen Kaiserin Farah Diba im Jahre 1967 passieren? Natürlich gab es ab sofort die „Farah-Diba-Frisur“! Die Haare wurden länger getragen und auf dem Hinterkopf zu einer senkrechten Rolle eingeschlagen. Ich konnte da nicht mithalten, meine Haare waren zu kurz.
Irgendwann gab es die Minipli für Männer oder auch die ganz normale Dauerwelle. Es war nur gerecht, dass sich nun auch die Kerle für ihre Schönheit quälen mussten. Aber befremdend und teilweise zum Lachen war es schon, nun auch Männer mit dem weißen Dauerwellenschaum und den Wickeln auf dem Kopf beim Friseur anzutreffen. Die Herren der Schöpfung ließen nun ihre Haare wachsen, ja einige brachten es sogar zu einem Zopf.
In den 1970-Jahren brachen für Weiblein wie für Männlein bequemere Zeiten an. Man trug die Dauerwelle nach dem Waschen luftgetrocknet und ging kaum noch zum Friseur.
Ist man in die Jahre gekommen, muss man unweigerlich Federn – pardon Haare lassen! Aber an Stellen, wo sie nicht hingehören, fangen sie nun an zu sprießen. Ich, die immer volles und kräftiges Haar hatte, muss nun feststellen, dass es sich auf meinem Hinterkopf langsam lichtet. Meine Friseurin spricht taktvoll von einem Wirbel, für mich ist es schlichtweg eine „Altersschneise“, die sich da so langsam breit macht! Aber, wenn ich ein wenig toupiere und zupfe, bekomme ich es noch in den Griff. Und bei Sturm gibt es jede Menge Mützen.
Die Zeit der Dauerwelle scheint ziemlich vorbei zu sein. Ich weiß z.B. dass mein Friseur händeringend Frauen sucht, die sich als Dauerwellenmodel für die Ausbildung der Lehrlinge, zur Verfügung stellen. Meine Nachbarin, eine Dame von 88 Jahren ist so ein Model. Sie sagt, sie werde bei ihrem Friseur hofiert, als ob sie die Kaiserin von China sei.
Die meisten Frauen von heute gehen alle paar Wochen zum Schneiden, oftmals föhnen sie danach die Haare selbst vor Ort, um Kosten zu sparen. Mir kommt es so vor, als ob man nicht mehr soviel Wirbel um Haare und Frisuren macht, oder ist es, weil ich wegen meines Alters einen gewissen Abstand von diesen Dingen habe?
70 Jahre Nylonstrümpfe
von Annemarie Lemster
In Amerika erfand man vor 70 Jahre einen Strumpf für die Damen, noch dünner, noch schöner, als der Seidenstrumpf. Gleich nach dem Krieg eroberte dieses Kleidungsstück auch Europa. Die Damen waren begeistert, leider waren diese Strümpfe anfangs noch sehr teuer. Da waren gute Beziehungen sehr gefragt. Als sich unser Leben so ganz langsam wieder normalisierte, hatten immer öfter Damen dieses begehrenswerte Kleidungsstück an ihren Beinen. So ein Strumpf ist natürlich nicht unverwüstlich, und so entstanden viele kleine Stubenläden, in denen Laufmaschen „wiederaufgenommen“ wurden. Diese Strümpfe waren noch nicht so robust wie die heutigen. Es gab ganz schnell mal eine Laufmasche, darum zogen die Damen zum Anziehen der Strümpfe oft feine Handschuhe an.
Die Nylonstrümpfe hatten hinten immer eine Naht. Die Damen schauten oft an ihrem Bein entlang, damit die Naht immer schön in der Mitte saß, denn je schöner die Naht saß, desto besser wirkte das Bein. Wollte man dann einmal ausgehen und der Strumpf war gerade in der Laufmaschen-Annahmestelle (man hatte ja nur ein oder zwei Paar), griff man zu einem Augenbrauenstift und malte sich die Naht einfach hinten an das Bein. Bei einem schön gebräunten Bein sah man diesen Betrug nicht.
gespeichert 29.12.2009
Recherche:
Bereits im Jahr 1935 entwickelte der US-amerikanischen Chemiekonzern DuPont die erste Nylonfaser auf der Basis von Kohle, Luft und Wasser. Wenige Jahre später wurden die ersten testweise hergestellten Nylon- Strümpfe in Wilmington angeboten - innerhalb von drei Stunden wurden 4000 Paar verkauft.
Die ersten 5 Millionen Paar Nylonstrümpfe verkaufte DuPont am 15.Mai 1940 (dem sog. „N-Day“)
In den Jahren 1945 bis 1955 bestimmte der Nylonstrumpf mit Naht den Markt. Man machte aus der Not eine Tugend, denn es gab noch keine Wirkmaschinen, die „Rundlinge“ produzieren konnten.
Ab 1955 gibt es nahtlose Nylons und ab 1965 wird die Strumpfhose (deren Produktionsweise weitestgehend der der Strümpfe entspricht) bevorzugt. Noch bis kurz nach der Währungsreform konnte man in Deutschland Nylons nur auf dem „Grauen Markt“ bekommen. Die Preise bewegten sich um die 25,-- DM.
Ab den frühen 1950er Jahren wurden durchsichtige Strümpfe in Deutschland aus Perlon hergestellt, einer Faser, die dem Nylon ebenbürtig war und auch schon in den 1930er Jahren von einem deutschen Chemiker erfunden wurde.
Die Markennamen ARWA, Elbeo, Ergee, Bellinda, Opal und Tilly, um nur einige zu nennen, waren durch ihre ganzseitigen Werbungen, in deren Mittelpunkt immer Damenbeine mit den Hauchdünnen abgebildet waren, bekannt.
aus Wikipedia
F. Schukat, 25.05.2011
Tabu
von Fritz Schukat
Wikipedia definiert dieses Wort so:
Tabu, das aus dem Sprachraum Polynesiens herrührende Wort tapu heißt so viel wie unverletzlich. Es hat im 20. Jahrhundert Eingang in die deutsche Sprache gefunden und bezeichnet eine Handlung oder Verhaltensweise, die durch Sitte oder Gesetz verboten ist.
Es gibt viele Tabu-Themen, an die wir Älteren nicht unbedingt heran wollen, weil wir Verhaltensweisen durch Erziehung und Überlieferung mitbekommen haben, die wie ein innerer Riegel wirken, bei dem einen mehr, bei dem anderen weniger. Dabei wirken die Verhaltensmuster unserer Altvorderen heute auf uns zum Teil lächerlich, andere, die aus fremden Kulturen berichtet werden, als unbegreiflich. Durch die Informationswut der Printmedien, der Regenbogenpresse hauptsächlich, werden wir tagtäglich mit immer neuen Berichten zum Beispiel über sonderbare Essgebräuche aus Fernost oder Afrika, Voodoogebräuche oder merkwürdige Bestattungsriten in Südamerika regelrecht überschüttet, und selbst die seriösen Illustrierten kommen ohne schaurig-schöne Bildreportagen über Fremdartiges nicht mehr aus.
Wenn wir Bilder von appetitlich geschmortem Hundefleisch sehen, schütteln wir uns, aber wenn wir nackte Menschen sehen, differenzieren wir schon in schön und hässlich. Pferdefleisch wollen wir nicht unbedingt essen, obwohl es auch hierzulande vielfach als Delikatesse betrachtet wird. Froschschenkel - na ja, Katzenfleisch schon gar nicht, Maden, Raupen - igitt! Mit großem Appetit verzehren wir aber Rind- und Schweinefleisch, während im Orient Schweinefleisch als unsauber gilt, und in Indien heilige Kühe auf den Straßen herumlaufen, beileibe aber nie geschlachtet oder gar verzehrt würden!
Das ist nur die eine Seite der Medaille, es gibt auch die kleinen Themen, mit denen wir uns nicht gerne beschäftigen: wer würde gern zugeben, dass er sich schon mal „in die Hose gemacht hat“, dabei kann das zu einem riesen Lacherfolg führen. Wer outet sich schon gern, wenn er über seine ersten sexuellen Erlebnisse berichtet sollte, die ebenfalls meistens (jedoch im übertragenen Sinne) "in die Hose" gingen. Über Onanieren oder Masturbieren spricht man nicht, Pupen im Flugzeug bei Langstreckenflügen tut jeder, aber keiner spricht darüber!
Seitensprung - also bitte! Ich doch nicht! Und tatsächlich wäre das gefährlich, kann - auch wenn es schon eine Ewigkeit her ist - noch nach 33 Ehejahren zur Scheidung führen (ich kenne ein Beispiel im näheren Umkreis). Aber kleine Sachen, wie längst verjährter Mundraub, die "Mitnimmsel" aus Hotels und Gaststätten (Biergläser, Aschenbecher etc.), so etwas gesteht man schon mal, und manch einer hat da mächtig was auf dem Kerbholz! In diese Kategorie zählt man aber seltsamerweise nicht die auf der Arbeitsstelle "entwendeten" Arbeitsmaterialien wie Kugelschreiber, Bleistifte, Locher, "Knallköppe" und Druckerpapier, was gab es dort nicht alles, was heute noch unser Büro zu Hause bereichert. Das hat sich doch niemand gekauft! "Mitnehmen" sah und sieht man doch nicht einmal als Kavaliersdelikt an. Die Kollegen durften es natürlich nicht mitbekommen, man hat das alles heimlich gemacht - auch die anderen! Man wusste das, aber es wurde totgeschwiegen. Und heute? "Also, das Büro fehlt mir doch so büschen", hörte ich neulich eine Bekannte sagen, weil sie sich gerade neues Druckerpapier und einen Klebestift kaufen musste!
Tabuthema? Ja und nein, denn Entwenden von Büromaterial bei seinem Arbeitgeber war und ist Diebstahl. Allen Ernstes. Und das kann durchaus zur fristlosen Kündigung führen, ja sogar zu einer echten Anklage. Diebstahl fällt unter die Offizialmaxime, wie Mord und Totschlag - der Staat muss diese Tat verfolgen - wer denkt schon so weit!
Wer sich seiner Kleider entledigt, macht das im eigenen Haus, sogar im eigenen Garten völlig legal, keiner darf sich daran stoßen, es sei denn man provoziert die Nachbarn absichtlich. In den Dünen von Sylt zogen sich die Nackerten schon vor Jahrzehnten aus, „Buhne 16“ war das, oder „Abessinien“, auch Herr Kolle war da. Wir haben nichts gegen Nackerte und im Urlaub, wo Deutsche in Schwärmen auftauchen, laufen die Mädchen und manche ältere Dame, die es lieber sein lassen sollte, gern barbusig herum - wen kümmert's noch? Vor Jahren musste der "stern" auf Klage der Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer eine ganze Ausgabe seines Magazins einstampfen, weil der harmlose Nackedei auf dem Titel eine frauenfeindliche Darstellung gewesen wäre. Son Blödsinn, sagen wir heute, aber damals war das bitterernst! Wir sehen das heute nicht mehr so.
In den Staaten kommt sofort die Polizei und verhaftet die Damen, die sich mit nacktem Oberkörper zeigen, übrigens auch diejenigen, die einen Tanga tragen, der die Rückseite - meist sehr appetitlich - frei lässt! Das geht ganz schnell, denn die Ordnungshüter patrouillieren auch an den offenen Stränden mit ihren Quads, Hubschrauber fliegen an den Küsten entlang, wenn auch hauptsächlich um Ausschau zu halten, ob sich jemand zu weit hinaus gewagt hat. Auch Ferngläser sind im Einsatz, und Bier trinken am Strand, ist ein ebenso schlimmes Vergehen wie das Zeigen des unverhüllten Busens oder der knackigen Pobacken.
Selbst erlebt im Jahre 2007 in Florida!
Ein echtes Tabu ist dies bestimmt nicht - das ist Verklemmtheit hoch drei und zeugt von einer eher verlogenen Doppelmoral, die kaum noch zu toppen ist. Dabei werden die meisten Hardcore-Pornos in den Staaten produziert, und aufreizende Models, Sängerinnen und Starlets, die sich in paparazzigerechten Auftritten präsentieren und bewusst-gschamig Körperzonen ablichten lassen, die nach unserem Verständnis jedenfalls in der Öffentlichkeit noch immer aus natürlicher Scheu verdeckt werden sollten, gibt es an jedem Wochenende zuhauf zu sehen! Schlagen Sie doch mal die Regenbogenpresse auf!
Was ist heute wirklich noch tabu?
Inzest? Da lebt ein junges Paar zusammen und hat schon mehrere Kinder - es sind Bruder und Schwester - die Justiz wollte sie schon trennen, aber sie finden sich immer wieder.
Totschlag? Da stürmt ein Jugendlicher in eine Schule und erschießt 13 Schüler und Lehrer - aus Rache, sagt man.
Da schleichen sich zwei Jugendliche zu ihrer gemeinsamen Freundin in das Haus der Eltern und schlachten diese ab - ohne Grund. Überreizung durch Gewalt verherrlichende Videos - heißt es.
Vergewaltigung von Kindern, die dann umgebracht werden?
Bestechlichkeit, Annahme von Vergünstigungen,
Veruntreuung von Millionenbeträgen, die dem Sicherheitsunternehmen von Kunden anvertraut wurden,
Datendiebstahl, um die Konten von Internetkunden zu plündern
und so weiter - und so weiter…
Nichts mehr ist wirklich tabu, und was noch übrig ist von dem, was wir noch als tabu ansehen, wird von gewissenlosen Tätern schamlos ausgekundschaftet und geschasst. Sogar Kirchen werden ausgeraubt!
Und mit unserer Sprache geht es auch bergab. Wörter, die wir in unserer Jugend nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert haben, sind heute Teil der Umgangssprache und keiner nimmt mehr daran Anstoß. 'Geil' war ein solches Wort. Wir hätten es nicht in einer normalen Unterhaltung verwendet. In Romanen und in den Printmedien werden zur Ausschmückung Darstellungen über das Intimleben zweier Liebender vulgär-deftig geschildert. Film und Fernsehen kommen ohne die Darstellung des heterosexuellen Geschlechtsaktes nicht mehr aus. Und es „outen“ sich immer mehr Spitzenmänner und Frontfrauen, die gleichgeschlechtliche Beziehungen pflegen. Politiker, Fernsehansagerinnen und Showmaster, Schauspieler und Schriftsteller, Ärzte und hohe Richter - man findet nichts mehr dabei, anders zu seien!
Früher machten wir unsere Witze über "Fräulein" Pförtner, dem Kollegen aus der Mahnabteilung, und das Datum 17. Mai (§ 175) war Synonym für Schwule. Männer, die Frauenkleider trugen, waren Schwuchteln, und noch heute ist der spezielle, weil völlig übertriebene Tonfall des bekennenden Schwulen Garant für tosenden Beifall, wenn schmierige Witze erzählen werden.
In Bayern ist der Familienname "Fick" nicht ungewöhnlich, uns trieb er früher die Röte ins Gesicht und als Imperativ hätten wir dieses Wort nie verwendet, jedenfalls nicht in aller Öffentlichkeit. Heute kommt kein moderner Stückeschreiber mehr ohne die Gossensprache aus, ja im Theater auf der Bühne wird ihr als Kunstform gehuldigt. Dabei rennen dann nackte Schauspieler über die Bühne, besudeln sich mit Theaterblut und "bekoten" sich, und vielfach werden Vergewaltigungen angedeutet, so dass manches Premierenpublikum schon lange vor dem Ende die Vorführungen unter Protest verlassen hat, und steht damit ganz im Gegensatz zu den begeisterten Kritikern dieser zeitgenössischen Schreiberlinge, die uns dieses Treiben sogar noch als Kunst verkaufen wollen.
Was bleibt übrig von unseren Wertvorstellungen? Ich hoffe immer noch, dass es doch nicht zu der befürchteten Verrohung kommt, die so oft heraufbeschworen wurde. Als die 68er-Generation ihre Eskapaden trieb und die freie Liebe nicht nur propagierte, Kinder antiautoritär "erzog", "den lieben Gott einen guten Mann" sein ließ, da waren das keine wirklichen Weltverbesserer. Guckt man sie sich heute an, sind das alles liebenswerte Menschen, zum Teil mit ordentlichen Manieren, in ordentlichen Kleidern und mit ordentlichen Berufen geworden. Die Steine werfenden Jugendlichen von damals sind zwar nicht alle in die Politik gegangen, und es konnte auch nur einer von denen Außenminister werden, aber viele der anderen sind etabliert und haben es in zivilen, ganz alltäglichen Berufen zu Ansehen gebracht, weil sie in die Reihe der „normalen“ Bürger zurückgekehrt sind.
Es wird auch wieder zu normalen Wertvorstellungen kommen, und wenn ein nackter Busen auf dem Titel einer Illustrierten heute normal ist, wenn man sich an einen schwulen Oberbürgermeister gewöhnt hat, "…dann ist das gut so" und zeigt uns letztlich auf, dass wir selber Zöpfe abgeschnitten haben, die gestört hatten.
Eine bekannte Fernsehmoderatorin beendete ihre täglichen Sendungen immer mit den Worten: "… alles wird gut!"