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Die vergessene Pflaume von Edith Kollecker
Rheinisch-katholischer Humor von Jürgen Hühnke
Der Stadtbesuch von Edith Kollecker

 

Die vergessene Pflaume

von Edith Kollecker

Jedes Jahr am 6. Mai fuhren wir zum Geburtstag meines Schwagers nach Oldenburg.
Wie immer wurde erst der Garten besichtigt, da legten beide, er und meine Schwester großen Wert drauf. Sie hatten auch einen schönen, gepflegten Garten, der immer tip, top aussah.

Einmal wurde die neue Errungenschaft bewundert, ein kleines Pflaumenbäumchen, das sie im Frühjahr gepflanzt hatten. Jedes Telefon Gespräch endete mit, „...der Pflaumenbaum steht in voller Blüte!“ Dann das nächste Mal, „...er hat ganz viele Früchte angesetzt, da sind jetzt viele Pflaumen daran!“ Im Sommer dann, oh Schreck, fiel eine nach der anderen runter, bis auf eine letzte. Diese hielt - sage und schreibe aus - bis sie reif war.

Dann kam der Besuch, der im Frühjahr schon den Baum bewundern musste. Der Mann wurde gleich in den Garten geführt, während die Frau die Toilette aufsuchte. Man unterhielt sich noch weiter über den gut gewachsenen Baum und bewunderte die eine Pflaume.
Dann kam die Ehefrau dazu, riss die Pflaume ab und sagte: „Hier habt ihr noch eine vergessen!“

 

Rheinisch-katholischer Humor

von Jürgen Hühnke, 27.02.2007

An eine Hochzeitsreise schließt sich für gewöhnlich eine Deutschlandtour(nee) zu den entfernten Verwandten des Partners/der Partnerin an. Auf diese Weise lernte ich auch Onkel Helmi in Bad Honnef kennen, der mit der Vatersschwester meiner Frau verehelicht gewesen war. Als evangelisch-freikirchlicher Pastor in Stelle hatte er jenes ergreifende Phänomen erlebt, das unter die Rubrik „Bekehrungserlebnis“ zu buchen war. Seitdem war er katholischer Pfarrer. Die römische Kirche nahm ihn wie andere evangelische, reformierte oder baptistische Gottesmänner auf, das heißt mitsamt der Frau, die nunmehr wie die Haushälterin eines zölibatär lebenden Priesters zu behandeln war, also unter strenger Einhaltung des sechsten Gebots*.

Nun war Onkel Helmi ein Bewunderer des Kirchenvaters Aurelius Augustinus, dessen Lehre aber eigentlich die Ehe als Zeugungsinstitut ansah, wobei zugleich alle Lust außen vor sein sollte. Was Augustinus zu übergelaufenen verheirateten Pfarrern gesagt haben würde, entzieht sich meiner Kenntnis, und den Experten, Hochwürden Helmi, habe ich zu fragen vergessen.

Er war ein begnadeter Witzeerzähler, der bei keiner Pointe auch nur die geringste Miene verzog und doch ersichtlich Freude am Erzählen hatte. Die meisten seiner Witze hatten mit dem Katholizismus zu tun, stellten etwa zwischen dem ewigen roten Licht und einer Verkehrsampel eine Verbindung her, indem ein Kind fragt, ob man vom Beten aus dem Kniefall wieder aufstehen dürfe, wenn es endlich Grün zeige.

Zu seinem Repertoire gehörte auch der nachfolgende Witz, der deutlich eine Zeit widerspiegelt, in der Westberlin „Frontstadt“ war, aber noch nicht durch die Mauer geteilt, und als das, was in Kriegszeiten einmal die „Kinderlandverschickung“ war, im Adenauer-Deutschland als Ferienprogramm für Berliner Kinder in westdeutschen Familien wieder auflebte: Hochwürden hat ein Berliner Ferienkind in Pflege und geht mit dem Jungen nach der Messe durch einen Wald. Ein Eichhörnchen läuft über den Weg. Fragt der Pfarrer: „Na, mein Junge, weißt du auch, was das ist?“ sagt Fritzchen: „Wenn´t nach mir jinge, wär' det een Eichkätzchen. Aber wie ick den Laden hier kenne, is det jewiss det herzliebe Jesulein, wa?“

*Das sechste Gebot lautet:
Du sollst nicht ehebrechen !
Was heißt das? (Luthers Erklärung):
Wir sollen Gott fürchten und lieben,
dass wir keusch und zuchtvoll leben
in Worten und Werken und in der Ehe
einander lieben und ehren.

 

Der Stadtbesuch

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von Edith Kollecker gespeichert am 18.06.2006

Zweimal im Jahr kam Tante Frieda, die Schwester meiner Mutter aus Helmstedt uns besuchen. Streckenthin war ihre Heimat, und der Vater war fast 90 Jahre! Darum dehnte sie ihren Besuch auf drei Wochen aus. Wir Kinder freuten uns sehr, denn sie brachte uns immer kleine Geschenke mit. Mein Bruder und ich holten sie dann von der 3 km entfernten Bahnstation ab, zu Fuß, aber mit einem Bollerwagen versehen, um die zwei Holzkoffer zu transportieren.
Bei uns, in dem kleinen Dorf Streckenthin, war wenig los. Es gab weder einen Arzt noch einen Kaufmann im Ort. Also gingen wir mit der Tante ganz stolz die kleine Straße entlang, damit alle anderen Kinder uns sehen konnten. Mein Bruder mit dem Bollerwagen und den Koffern voran, meine Tante und ich Händchen haltend hinterher. Mit Hut, Pelzmantel, Handtasche und Stiefeln sah sie in unseren Augen wie eine Filmschauspielerin aus.
Es war damals, etwa 1941, eine richtige Sensation!