Erlebnisse auf dieser Seite
Rheinisch-katholischer Humor von Jürgen Hühnke
Gedichte zur Hochzeit von Edith Kollecker
PRÜDES AMERIKA ? von Heinz Münchow
Hochzeiten im Wandel der Zeit von Edith Kollecker
Rheinisch-katholischer Humor
von Jürgen Hühnke, 27.02.2007
An eine Hochzeitsreise schließt sich für gewöhnlich eine Deutschlandtour(nee) zu den entfernten Verwandten des Partners/der Partnerin an. Auf diese Weise lernte ich auch Onkel Helmi in Bad Honnef kennen, der mit der Vatersschwester meiner Frau verehelicht gewesen war. Als evangelisch-freikirchlicher Pastor in Stelle hatte er jenes ergreifende Phänomen erlebt, das unter die Rubrik „Bekehrungserlebnis“ zu buchen war. Seitdem war er katholischer Pfarrer. Die römische Kirche nahm ihn wie andere evangelische, reformierte oder baptistische Gottesmänner auf, das heißt mitsamt der Frau, die nunmehr wie die Haushälterin eines zölibatär lebenden Priesters zu behandeln war, also unter strenger Einhaltung des sechsten Gebots*.
Nun war Onkel Helmi ein Bewunderer des Kirchenvaters Aurelius Augustinus, dessen Lehre aber eigentlich die Ehe als Zeugungsinstitut ansah, wobei zugleich alle Lust außen vor sein sollte. Was Augustinus zu übergelaufenen verheirateten Pfarrern gesagt haben würde, entzieht sich meiner Kenntnis, und den Experten, Hochwürden Helmi, habe ich zu fragen vergessen.
Er war ein begnadeter Witzeerzähler, der bei keiner Pointe auch nur die geringste Miene verzog und doch ersichtlich Freude am Erzählen hatte. Die meisten seiner Witze hatten mit dem Katholizismus zu tun, stellten etwa zwischen dem ewigen roten Licht und einer Verkehrsampel eine Verbindung her, indem ein Kind fragt, ob man vom Beten aus dem Kniefall wieder aufstehen dürfe, wenn es endlich Grün zeige.
Zu seinem Repertoire gehörte auch der nachfolgende Witz, der deutlich eine Zeit widerspiegelt, in der Westberlin „Frontstadt“ war, aber noch nicht durch die Mauer geteilt, und als das, was in Kriegszeiten einmal die „Kinderlandverschickung“ war, im Adenauer-Deutschland als Ferienprogramm für Berliner Kinder in westdeutschen Familien wieder auflebte: Hochwürden hat ein Berliner Ferienkind in Pflege und geht mit dem Jungen nach der Messe durch einen Wald. Ein Eichhörnchen läuft über den Weg. Fragt der Pfarrer: „Na, mein Junge, weißt du auch, was das ist?“ sagt Fritzchen: „Wenn´t nach mir jinge, wär' det een Eichkätzchen. Aber wie ick den Laden hier kenne, is det jewiss det herzliebe Jesulein, wa?“
*Das sechste Gebot lautet:
Du sollst nicht ehebrechen !
Was heißt das? (Luthers Erklärung):
Wir sollen Gott fürchten und lieben,
dass wir keusch und zuchtvoll leben
in Worten und Werken und in der Ehe
einander lieben und ehren.
Gedichte zur Hochzeit
Unsere Autorin Edith Kollecker ist in Pommern
aufgewachsen. Sie ist die jüngste von 5 Schwestern
Die beiden ältesten heirateten noch in Pommern,
die anderen nach der Flucht alle in Oldenburg i.O.
Wie sie das erlebte, können Sie in der Geschichte
„Hochzeiten im Wandel der Zeit“ nachlesen.
Jetzt stellt uns die Autorin ein paar nette Gedichte
zur Verfügung, die bei den Feiern vorgetragen wurden.
Eine Hochzeitszeitung gab es jedoch (noch) nicht.
Wir drucken die Gedichte hier gern ab.
Die Redaktion, übersandt im März 2012
Gedichte zur Hochzeit
Brot und Salz
Heut zu diesem schönen Feste,
hab ich mich beeilt aufs Beste.
Dass auch ich voll Lieb und Treu,
meine Gabe brächt herbei.
Denn Brot und Salz, so hört ich sagen,
brauche man zu allen Tagen.
Was zu Brauchen nötig ist,
wird daher nicht gern vermisst.
Nehmt daher zum Ehestande,
was man braucht in jedem Lande.
Leidet niemals Sorg und Not,
Gott schenkt immer Salz und Brot!
Eine Pfanne als Geschenk
Zu Deiner Hochzeit, liebe Braut,
sei Dir auch mein Geschenk vertraut,
denn eine Pfanne wie ich mein',
wird in der Küche nötig sein.
So fülle sie mit guten Braten,
und alle mögen gut geraten.
Wenn Du sie in Gebrauch genommen,
so will ich gern zu Gaste kommen!
Hochzeitsgeschenk, Besen
Verzeihung, ich komme nur schnell mal her,
zu fragen, ob Arbeit hier wohl wär,
Mein Name ist Ella Schrupp, stets vergnügt,
wenn sie mich brauchen, Postkarte genügt.
Ach ja, man darf keinen Moment stehen still,
wenn man sich ein paar Groschen verdienen will.
Weil ich gehört, dass hier Hochzeit sei,
eilte ich ohne Zögern herbei.
Vielleicht kann mich brauchen die gnädige Frau,
bin sauber und fleißig, mach nicht viel Radau,
pack' gleich zu, mach kein Federlesen,
und hier ist mein allerbester Besen.
Wenn's fleißig das Frauchen ihn stets benutzt,
wird nie ihr eheliches Heim beschmutzt,
und denk auch an Ella Schrupp, stets vergnügt,
wenn Sie mich brauchen, Postkarte genügt!
PRÜDES AMERIKA ?
von Heinz Münchow 17.10.2004
Meine Schwägerin Anni - sie ist die Schwester meiner Frau - ist alleinstehend. Heute würden wir sagen 'Single'. Sie ist berufstätig. Sucht sie einen Mann? Wir wissen es nicht.
Wir leben in den 50er - Jahren. Wir erholen uns vom Krieg. Wir denken nicht nur an uns selbst, wir sind nicht egoistisch. Wir lesen Zeitung. Wir lesen darin auch die Anzeigen.
„Deutsch-Amerikaner, z.Zt. auf Besuch in Norddeutschland, sucht Verbindung mit deutscher Dame. Bei Sympathie und Umzugseinverständnis, Heirat nicht ausgeschlossen."
Mensch, das wär doch was für Anni!? Aber wir dürfen uns nicht zu sehr einmischen! Also: Anzeige ausschneiden und ohne Kommentar an Anni schicken.
Ob sie auf die Anzeige geantwortet hat? Sie hat.
Nur kurze Zeit danach lernten wir Fred kennen, unseren zukünftigen Schwager. Und dann auch seinen Bruder mit Familie, der in Deutschland lebte, und seine Mutter.
Der Hochzeitstermin wird festgelegt. Es soll in den USA geheiratet werden. Anni bucht ihren Flug. Sie steigt ein, sie kommt pünktlich an. Fred holt sie ab. "Liebste, morgen heiraten wir! Alles ist vorbereitet, aber: Du kannst leider noch nicht in mein Haus kommen!"
„Nanu?“
„Da wir nicht verheiratet sind, dürfen wir keine Nacht gemeinsam unter einem Dach verbringen!"
Prüdes Amerika - ? Anni musste in einem Hotel übernachten. Am nächsten Tag wurde alles in die zulässigen Bahnen gelenkt.
Anni und Fred sind glücklich geworden.
Hochzeiten im Wandel der Zeit
von Edith Kollecker gespeichert am 02.05.2008
Wenn ein Paar in der heutigen Zeit heiratet, ist es meistens im kleinsten Detail von dem Paar selbst geplant. Sie bestimmen das Standesamt, die Kirche und das Lokal, wo die Feier stattfinden soll. Über Geschenke braucht man sich keine Gedanken machen. Da das Paar schon eine Zeit von zu Hause ausgezogen ist und alleine oder mit dem Partner zusammen lebt, ist der Haushalt schon komplett. Mit einem Geldschein ist man immer willkommen!
Früher war es nicht so. Die Eltern hatten die Ehre, ihren Töchtern eine angemessene Hochzeit auszurichten. Das taten dann auch meine Eltern, obwohl es ihnen sicher sehr schwer gefallen ist, denn wir waren 6 Mädchen zu Hause!
Meine älteste Schwester Hilde heiratete 1939 in Streckenthin in Pommern. Ich war damals 5 Jahre alt und habe nicht so viel Erinnerungen. Hilde war eine schöne Braut und auch wir hatten alle neue Kleider bekommen. Die Hochzeitbilder belegen es. Meine etwas älteren Schwestern erinnern sich an eine Buttercremetorte, von der sie so viel gegessen hätten, dass es ihnen hinterher sehr übel war, auch an einen selbstgemachten Wein von verschiedenen Früchten.
Bei der Hochzeit meiner zweiten Schwester Lieschen war ich schon 8 Jahre alt, da sind noch etliche Erinnerungen. Es war 1942 und ich war inzwischen sogar schon Tante geworden. Der Verlobte meiner Schwester war im Krieg und bekam nur 3 Tage Hochzeiturlaub. Es war das erste und das letzte Mal, dass er seine Tochter gesehen hat. Sie war schon 1 Jahr und durfte mitfeiern. Kurz danach wurde er als vermisst gemeldet.
Wenn wir auch nicht viel Geld hatten, war doch die Tafel reichlich gedeckt. Mama hatte sicher tagelang Kuchen gebacken, der große Schweinebraten schmorte in dem Backhaus, das extra für so eine Feier angeheizt wurde. Die Hühnersuppe mit den vielen Fettaugen fehlte auch nicht. Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass das Brautpaar mit einer Kutsche durch das Dorf fuhr, wir Kinder rannten neben her und die Leute warfen Teller oder Tassen an die Räder, das sollte Glück bringen. Zurück von der Kirche stand das Paar vor verschlossener Tür, sie wurden erst reingelassen, wenn die Braut ihren neuen Nachnamen sagte.
Noch eine Sitte war, wenn man zum heiteren Teil über ging. Die Fenster wurden geöffnet und das halbe Dorf durfte beim Tanzen zusehen. Auch wir standen am Fenster, wenn bei den anderen Dorfbewohnern eine Hochzeit gefeiert wurde, man reichte uns dann Kuchen und Kleinigkeiten durchs Fenster. Es ist heute unvorstellbar, aber damals nahm das ganze Dorf an einer Hochzeit teil.
Meine Schwester Irmi heiratete im Dezember 1948. Meine Eltern konnten zu der Zeit noch keine Feier ausrichten. Wir hatten nur ein Zimmer auf einem kleinen Gut zur Verfügung. Die Feier war daher bei ihren zukünftigen Schwiegereltern in Oldenburg. Wir hatten schon die DMark, das Geld war aber sehr knapp, denn Irmi bekam für ihre Arbeit als Haushälterin gerade mal 50 DM im Monat. Sie erzählte mir, für ein Ei musste man damals 50 Pfg. bezahlen. Der Kuchen wurde dadurch ziemlich teuer.
Wenn wir auch keinen Platz für eine Hochzeitsfeier hatten, so konnten meine Eltern doch mit etwas anderem aushelfen. Auf dem Lande war das Essen nicht so knapp wie in der Stadt. Wir hatten ein Schwein geschlachtet und ein Schinken wurde als Hochzeitsbraten zubereitet. Mein Vater und ein Bekannter brannten Schnaps, und die restlichen Lebensmittelkarten wurden auch für die Hochzeit verbraucht.
Es war wirklich eine Hochzeit, zu der die ganze Familie und viele Freunde beigetragen haben. Das Hochzeitskleid wurde von einer Bekannten geliehen. Mein Schwager, der nur einen gefärbten Anzug aus dem Krieg besaß, durfte den Anzug seines besten Freundes am Hochzeitstag tragen. Eine Schwester von meinem Schwager war bei einem Busunternehmen in Oldenburg angestellt. Dadurch bekamen wir einen Bus, um damit zur Trauung zur Lambertikirche zu fahren. Die zweite Schwester meines Schwagers, war Verkäuferin in einem Fischladen und versorgte uns mit leckeren Salaten, so war damals die ganze Familie mit eingebunden, damit so eine Feier überhaupt stattfinden konnte.
Ein Freund des Brautpaares spielte Handharmonika und so stand einem schönen Tanzabend im ausgeräumten Wohnzimmer nichts mehr im Wege. Der Schnaps hat auch sicher dazu beigetragen, dass es ein schönes Fest wurde. Ich war damals 14 Jahre alt und war mitten drin!
Die Hochzeit meiner Schwester Gerdi fand 1949 statt, und zwar im Sommer, und so wurde sie bei uns auf dem Gut, in einer großen Diele, gefeiert. Mein Vater hat tagelang den Pferdestall und die Diele gewitschert. Dann wurde frisches Birkengrün im Wald geschlagen und an den Wänden befestigt, so wurde aus der Diele ein gemütlicher Fest-raum gezaubert. Stühle und Tische wurden von allen Nachbarn zusammen getragen.
Da Gerdi auch in Oldenburg in Stellung war, hatte sie ihre und ihres Mannes Verwandten und Bekannten dort und zur Hochzeit eingeladen. Die Trauung war wieder in der Lambertikirche in Oldenburg. Leider konnten wir bei der Trauungszeremonie nicht dabei sein, unser Wohnort war 20 km von Oldenburg entfernt. Wir hatten aber genug mit den Vorbereitungen des Essens zu tun. Sie hatten sich einen Bus gemietet und kamen ausgehungert bei uns an, denn in der Stadt waren die Lebensmittel immer noch sehr knapp.
Mama hatte alles im Griff, sie war es ja gewohnt für viele Leute zu kochen. Auch die Nachbarn haben geholfen, sie durften dann auch mit feiern. Mich scheuchten sie auch durch die Gegend. Besonders beim Kuchenbacken war ich gefragt. An den Magdalehnenkuchen kann ich mich besonders gut erinnern. Der musste ziemlich lange gerührt werden. Einer hielt die Schüssel, der andere musste mit einem Holzlöffel und mit beiden Händen rühren, dann wurde gewechselt. Der Kuchen war sehr schwer und gehaltvoll. Gute Butter und den groben Zucker musste man solange rühren, bis der Zucker sich ganz aufgelöst hatte. Das Mehl wurde im Wechsel mit 6 Eigelb untergerührt, zum Schluss wurde das Eiweiß untergehoben. Die Mühe hatte sich aber gelohnt, der Kuchen schmeckte hervorragend. Dieses Mal brauchte mein Vater keinen Schnaps mehr brennen. Für Getränke und Musik hatte der Bräutigam gesorgt und so wurde es auch ein feuchtfröhliches Fest. Morgens um 2 Uhr holte der Bus die lustige Gesellschaft wieder ab. Für uns blieb das Chaos am nächsten Tag übrig.
Die Hochzeit meiner Schwester Tutti feierten wir am 1. September 1951, ebenfalls in unserer schönen, mit Birkensträuchern ausgestatteten Diele. Auch sie war in Oldenburg in Stellung. Deshalb fand die kirchliche Trauung ebenfalls in der Lambertikirche statt. Die Diele wurde wieder von uns festlich mit Birkensträuchern geschmückt. Alles wie gehabt, nur für das leibliche Wohl lief es dieses Mal anders. Der Braten wurde gekauft, Eier und Mehl wurde beim Bäcker abgegeben und mit wenig Zuzahlung bekam man die Torten und Kuchen. Die mit dem Bus aus Oldenburg angereisten Gäste ließen es sich schmecken. Für Getränke war wieder reichlich gesorgt. Ein Freund des Bräutigams hatte einen Freund, der wiederum kannte jemanden, der guten Schnaps brauen konnte! Damals war Mundpropaganda sehr viel wert. Alle haben sich tüchtig zugeprostet und so war die Heimfahrt der Gäste mit dem Bus sicher lustig. Das Brautpaar war aus mir unbekannten Gründen nicht mit dem Bus zurückgefahren, sie mussten die Hochzeitsnacht auf dem zum Schlafen hergerichteten Heuboden im Beisein von etlichen Neffen und Nichten verbringen.
Auch unsere Hochzeit wurde bei den Eltern ausgerichtet. Ich kam mit meinem Mann 1957 von Schleswig Holstein angereist, um in der schönen Diele, die mir so vertraut war, unsere Hochzeit zu feiern. Meine Mutter konnte das erste Mal an dem Hochzeitsfest einer ihrer Töchter entspannt teilnehmen. Sie leistete sich jetzt eine Köchin, die alles fest im Griff hatte. Alles andere hatte mein Bruder in die Wege geleitet, die Kirche, das Hochzeitsauto, ja, er hatte sogar einen Holzfußboden für die Diele besorgt, damit man nicht auf den Steinen tanzen musste. Tische und Stühle wurden von einer Gaststätte geliehen.
Mein Vater war sehr froh, seine letzte Tochter unter die Haube gebracht zu haben. Ich machte mir gar keine Gedanken darüber, wie sie alles mit viel Fleiß und Mühe hergerichtet hatten. Ich hatte schon viele Hochzeiten in unserer Familie mitgemacht, es hatte immer gut geklappt, warum sollte dieses mal etwas schief gehen? Doch es ging etwas schief!
Meine Schwiegereltern und ein paar Freunde kamen mit dem Auto aus Ellerau angereist und hatten unterwegs eine Panne. Wir machten uns große Sorgen, denn ein Telefon hatten wir damals noch nicht. Leider konnten die Brüder meines Mannes auch nicht mit zur Kirche. Sie hatten nur Motorradsachen an, weil ihre Anzüge auch in dem Auto waren. Mir hat mein Mann sehr leid getan, dass niemand aus seiner Familie an unserer Trauung teilnehmen konnte.
Beim Mittagessen waren wir immer noch unruhig und überlegten, was wohl passiert sein könnte. Zum Kaffee war allerdings die Gästeschar komplett. Schnell war alles Übel vergessen, wir feierten bis zum Morgen!
Meine Eltern haben jeder ihrer 6 Töchtern eine schöne, immer der Zeit angepassten Hochzeit ausgerichtet. Wir haben das damals gar nicht zu schätzen gewusst!
Wir kamen, feierten und fuhren wieder ab, jede in die neue Heimat!