Unsere Erlebnisse

Erlebnisse auf dieser Seite

Sir Winston -TV von Heinz Münchow
Von Schneewittchen zu Irene Koss von Heinz Münchow
Der erste Fernseher von Fritz Schukat
Farbfernsehen von Fritz Schukat
Was sich hinter der Tapete verbarg von Fritz Schukat
Ich sehe fern Von Uwe Neveling

 

Sir Winston -TV

von Heinz Münchow

Es war in den 1950er Jahren. Ich hatte Arbeit als Radio-Techniker gefunden. In Lüneburg. In den Lüneburger Kasernen, einstmals für deutsche Soldaten bestimmt, waren englische Soldaten untergebracht.

Man konnte „Radio hören", aber inzwischen war auch das Fernsehen „erfun-den" worden. Es gab schon tägliche Fernsehsendungen. In diese 'Fernseh-Anfangszeit' hinein platzte die Nachricht: In London wird Prinzessin Elisabeth zur „Queen" gekrönt, u n d die Krönungszeremonie wird im Fernsehen übertragen!

Sicherlich hat diese Nachricht dazu beigetragen, dass manche Mitbürger ihren Entschluss, einen Fernsehapparat anzuschaffen, schon eher verwirklichten, als ursprünglich geplant. Die Lüneburger militärische Führung der Engländer jedenfalls entschloss sich zu versuchen, dem Offizierskorps zu ermöglichen, die Krönung am Bildschirm zu erleben.

Und i c h bekam den Auftrag, diesen Plan in die Wirklichkeit umzusetzen. Das Auto vollpacken, zur Kaserne fahren, mit der Wache verhandeln ... YES, OK, all clear.

Ein Raum des Offizierskasinos war ausersehen. Fernsehapparat aufstellen, Antenne anbringen und ausrichten, Gerät einstellen. Etwa 10 Offiziere erscheinen. Gebannt erlebt man die Krönung von Elisabeth II. U N D : Diese Übertragung ist die ERSTE EUROVISIONS - Sendung!

Die Übertragung nähert sich dem Ende. Die Kamera zeigt noch einen Rundblick. Und dann erscheint Winston Churchill auf dem Bildschirm! Wie e i n M a n n erheben sich die zuschauenden Offiziere von ihren Plätzen, sie stehen stramm, sie grüßen militärisch! Eine mittellaute Stimme spricht voller Andacht: „SIR WINSTON'.

Diese Situation ist für mich unvergesslich.

aus Wikipedia
Elisabeth II. wurde am 21. April 1926 in Mayfair, London geboren. Am 6. Februar 1952, dem Todestag ihres Vaters Georg VI., wurde sie vom Thronfolgerat zur Königin proklamiert. Ihre offizielle Krönung fand 16 Monate später, am 2. Juni 1953, in der Westminster Abbey statt.

 

Von Schneewittchen zu Irene Koss

von Heinz Münchow 19.05.2005

Anfang der 1950er Jahre nahm man keine Briketts mehr mit, wenn man ins Kino ging. Seit der Währungsreforrn 1948 war das Leben langsam leichter geworden. Ich arbeitete in Lüneburg in einem Radioladen und war mit Reparaturen beschäftigt, aber auch mit „Werbung". Wir konnten unseren Firmenwagen mit großen Lautsprechern auf dem Dach ausrüsten, mit Mikrofon und Plattenspieler im Inneren. Und so schickte mich mein Chef eines Tages auf Werbefahrt durch Lüneburg:
„Lüneburger! Im Odeon-Kino läuft seit heute der Walt-Disney-Zeichentrickfilm SCHNEEWITTCHEN UND DIE SIEBEN ZWERGE. Täglich zwei Vorstellungen!"
Zwischen den Ansagen gab es Filmmusik von Schallplatten. Nach etwa einer Stunde - ich stand an der Ecke des Lüneburger Marktplatzes - hörte ich meiner Ansage zu. Und was hörte ich? Statt „Schneewittchen und die sieben Zwerge" kam aus den Lautsprechern: .“Schneewittchen und die 1ieben Zwerge"! Ich denke, meine Lüneburger Zuhörer haben den 'Versprecher' nicht bemerkt.

Dieser Lautsprecherwagen wurde bald für etwas Neues eingesetzt: Das FERNSEHEN war im Kommen. Schwarz/Weiß-Fernsehen. Nur e i n Programm. Teure Fernseh-Empfänger! 36 cm Bildschirmdiagonale. Die Lüneburger Stadtbewohner gingen in die Geschäfte, um sich zu informieren. Aber wer bringt den Landbewohnern das Fernsehen nahe? I C H ! Also: einen Philips Starenkasten einladen (der Fernseh-Empfänger sah aus wie ein Vogelkäfig), dazu Antennenmaterial und Werkzeug. Und dann ging's los.
Wo können wir den Hamburger Fernsehsender gut empfangen? In Bütenhagen! Dorfgasthaus vorhanden? Ja. Den Wirt fragen: Heute Abend Vorführung des Fernsehens? Ja. Raum vorhanden, kleiner Saal? Ja.
Gegen Mittag erste Werbung: „Heute Abend im Dorfkrug. Die Firma Radio - N. zeigt Ihnen das Fernsehen. Beginn 19:30 Uhr, Eintritt frei!" Am Nachmittag Antennenbau. Eine lange Leiter wird zweckentfremdet, sie dient als Antennenmast. Die Antenne wird montiert und mit Hilfe des empfangenen Testbildes ausgerichtet. Spätnachmittag dann die zweite Werbung mit dem Lautsprecherwagen. Um 19:30 Uhr ging's los. Ich hatte mir einen weißen Kittel übergezogen und erklärte den Herbeigekommenen, wie beim Fernsehen Bild und Ton übertragen werden. Um 20:00 Uhr konnte man die Nachrichten verfolgen (wobei wir immer bereit sein mussten, die "Knöpfe" für Bild- und Zeilenfang bei Programmwechsel, bei Umschaltvorgängen nachzustellen). Um 20:15 Uhr erschien IRENE KOSS auf dem Bildschirm, um lächelnd das Abendprogramm anzusagen. Wir waren mehrere Tage dort. Bei interessanten Beiträgen dauerten die Veranstaltungen im Dorfgasthaus oft bis Mitternacht und manch Zuschauer bekundete sein Interesse am Kauf eines Gerätes.
Wir konnten oftmals gleich einen Hausbesuchstermin vereinbaren.

 

Der erste Fernseher

von Fritz Schukat erstellt 2009

Im Frühjahr 1963 bot mir ein Kollege seinen gebrauchten Fernseher an. Er wollte dafür allerdings noch 100,-- DM haben. Fernseher waren damals sehr teuer und auch einen Gebrauchten konnte man für 100,-- DM nirgendwo erstehen. Zudem bot sich der Kollege auch noch an, den Apparat zu uns zu bringen. Mit Bus, Bahn und Taxe hätte das auch in Berlin (von Britz nach Reinickendorf) noch eine Stange Geld gekostet, außerdem war das Ding ziemlich schwer! Wir schlugen ein, und eines Tages stand dieses Ungetüm in unserer guten Stube. Es passte natürlich überhaupt nicht dort hin.
Man kann solche Apparate der Nachwelt eigentlich gar nicht mehr richtig beschreiben. In Zeiten der Flachbildschirme, die man sogar an die Wand hängen kann, ist es schwer, die passenden Worte zu finden. Die Gehäuse waren länger als breit, weil die Bildröhre noch sehr lang, die Bildfläche aber recht klein war. Hinten guckte noch ein Bürzel aus der Abdeckung heraus. Dadurch sah das Gehäuse wenigstens optisch etwas kürzer aus. Es gab noch keine miniaturisierten Bauteile, die Technik war auf Röhren, große Trafos und dicke Verdrahtungen angewiesen weshalb die Apparate eine enorme Hitze entwickelten. Und das Ganze nur, um ein einziges Programm sehen zu können, natürlich nicht in Farbe, sondern alles noch in schwarz-weiß! Gerade war das ZDF gegründet worden, aber es sendete auf einem anderen Frequenzbereich, nämlich auf UHF, den unser Kasten nicht einmal hätte empfangen können. Auch die Hausantenne war noch nicht umgestellt und tatsächlich war es noch gar nicht überall zu empfangen. Trotzdem mussten wir uns später noch einen kleinen Zusatzkasten anschaffen, damit wir das zweite Programm auf unserem Kasten sehen konnten. Ostfernsehen war für mich ein Fremdwort und wenn ich ehrlich bin, ich glaubte nicht daran, dass "die da drüben" in der Lage wären, etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen. Aber ich war sowieso nie ein intensiver Fernseh-Konsument, ich fummelte lieber an meinem Tonbandgerät herum, nahm Musik auf, schnitt mir dann Bänder zusammen, um sie später einmal genussvoll anzuhören.
Es gab kein Privatfernsehen, kein Kabelfernsehen und erst recht kein Farbfernsehen. Das wurde erst mit der 25. Großen Deutschen Funkausstellung Berlin 1967 probeweise eingeführt. Aber da war ich schon mit einem Bein in "Westdeutschland" - ich hatte mich in den Außendienst beworben und meine Einweisung begann just zu dieser Zeit.

 

Farbfernsehen

von Fritz Schukat erstellt im Oktober 2009

Das Farbfernsehen wurde in Deutschland erst 1967 anlässlich der Internationalen Funk- und Fernsehausstellung (IFA) in Berlin eingeführt. Der deutsche Fernsehingenieur Walter Bruch entwickelte zwar schon 1963 das sog. PAL-System, es dauerte aber noch 4 Jahre, um es produktionsreif zu machen. Trotzdem waren die ersten Farbfernseher fast unerschwinglich teuer. Es gibt übrigens eine nette Anekdote um die Einführung der ersten farbigen Sendung. Der damalige Vizekanzler Willy Brandt sollte bei der IFA 1967 demonstrativ einen roten Knopf betätigen, und geplant war dann, dass das schwarz/weiße Bild wie durch einen Zauber farbig werden sollte. Aber die Farbe wurde wenige Sekunden zu früh zugeschaltet, da der rote Knopf lediglich eine Attrappe war. Das haben die s/w-Fernseh-Zuschauer natürlich nicht gesehen, dennoch war das am nächsten Tag Gesprächsthema Nr. 1! Obwohl ich technikbegeistert war und fast jede IFA besuchte, war ich damals nicht dabei, denn ich war schon mit einem Bein im Außendienst, hatte also ganz andere Sorgen.
Wenn ich mal in einem Rundfunkfachgeschäft war, bestaunte ich natürlich immer diese riesigen Kisten mit den damals noch relativ kleinen Bildröhren und wunderte mich, dass es Leute gab, die hellauf begeistert waren, dort farbige Sendungen zu verfolgen. Ich hatte mir das eigentlich anders vorgestellt. Im Frühsommer 1971 habe ich dann das erste Mal bei einer befreundeten Familie, die bereits einen Farbfernseher hatte, einen Fernsehnachmittag verbracht. Was wir da sahen, daran erinnere ich mich nicht mehr, aber es waren mindestens 7 erwachsene Personen da und 4-5 Kinder, alle starrten in die etwas abgedunkelte Ecke, in der der Farbfernseher stand. Man durfte sich ihm allerdings nicht zu weit nähern und Erschütterungen sollten tunlichst vermieden werden. Das Justieren des Apparates war eben doch noch nicht so einfach, wie in den Fachzeitschriften berichtet wurde. Aber lustig war es allemal, auch wenn wir nach einiger Zeit schon gar nicht mehr dem Treiben auf dem Bildschirm folgten. Das gesellschaftliche Spektakel war dann irgendwie wichtiger.

Farbfernseher Nr. 1

Unseren ersten Farbfernseher haben wir Ende 1973 gekauft. Wir wohnten damals in der Nähe von Mainz, und da ich aus beruflichen Gründen mit vielen Geschäftsleuten zusammenkam, lernte ich auch einen Radiofritzen kennen, der mir einen etwas günstigeren Preis einräumte. Das Ding gekostet damals um die 2000 DM. Aber wenn man bedenkt, dass ich bis zum Auslieferungslager in Mainz-Kostheim 40 km fahren, ihn also selber abholen und aufstellen musste, dann war das kein Schnäppchen mehr. Na gut, wir schafften es irgendwie. Schließlich stand das gute Stück in der Wohnstube und wir konnten erstmals farbig fernsehen, ARD und ZDF. Privatfernsehen gab es noch nicht. Wir konnten allerdings zwei dritte Programme, also die Regionalsendungen aus Hessen, hr3 und vom Südwestfunk, den südwest3 sehen, weil die Siedlung, in der wir wohnten, auf einem Hügel stand. Auf der einen Seite hatten wir einen Fernblick bis zum Donnersberg, also etwa 40-50 km landeinwärts und nach Norden in Richtung Wiesbaden, also Hessen. Zu der Zeit waren noch nicht alle Sendungen farbig, aber das empfand man nicht als Manko, man freute sich viel mehr, wenn das Geschehen auf dem Bildschirm mit einem Male farbig wurde. Übrigens, mit der Fernbedienung konnte ich den Apparat nur ein und ausschalten, Programme konnte man damals damit noch nicht umschalten, aber das war schon ein Fortschritt, denn zuvor hingen die meisten Fernbedienungen noch „an der Strippe“, waren also mit einem Kabel an dem Apparat angeschlossen, für unsere heutigen Begriffe vorsintflutlich! Wir wussten es damals aber nicht anders und empfanden es als Fortschritt, nicht mehr aufstehen zu müssen und den Apparat vom Sitzplatz aus zu bedienen.

 

Was sich hinter der Tapete verbarg

von Fritz Schukat erstellt am 21.01.2010

Wann ging das mit dem Fernsehen in Deutschland eigentlich zum ersten Mal los, wollte kürzlich jemand von mir erfahren, „...Du weißt doch immer alles!“ Das ist natürlich übertrieben, aber seit meiner Jugend gibt es dazu ein Datum, das sich in meinem Kopf fast unauslöschlich eingeprägt hat, es ist der 22. März 1935! Darüber gibt es eine kleine Geschichte, die ich hier gern erzählen möchte.
Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen, um genauer zu sein, bei meinen Großeltern. Irgendwann war es wieder einmal Zeit, dass deren Wohnung neue Tapeten bekommen sollten. Im Frühjahr 1950 oder 51 trafen sich deshalb fast alle männlichen Mitglieder der Großfamilie bei Oma und Opa. Zuvor waren alle nötigen Sachen eingekauft und bereitgelegt worden, Leitern wurden herbeigeschafft und dann ging es los. Gleich drei Gruppen waren damit beschäftigt, die alten Tapeten abzuziehen und auch wir Bengels, mein Cousin und ich, durften mitmachen. Mit Quasten wurden die Bahnen bespritzt und nach einer kurzen Einweichphase von oben heruntergezogen. Das ging deshalb so schnell, weil auf dem Putz alte Zeitungen als Makulatur vorgeklebt waren. Damals machte man das so. Erst wenn die Makulatur klebte, wurden die richtigen Tapeten draufgeklebt. Das letzte Mal war das wahrscheinlich im Frühjahr 1935 der Fall, denn ich entdeckte vollständig erhaltene Zeitungen mit den Erscheinungsdaten aus dieser Zeit. Das war für mich hochinteressant, denn ich bin erst im Dezember 1935 geboren.
Eine davon hob ich mir auf und habe sie lange Zeit wie ein Schatz gehütet: es war die Ausgabe einer Tageszeitung vom 22. März 1935. In der Spalte, wo die Rundfunksendungen angekündigt wurden, las ich sinngemäß folgende Meldung: „Heute Abend beginnt der Reichsrundfunk mit der Ausstrahlung eines Fernsehprogramms“. Diesen Zeitungsabschnitt habe ich irgendwann einmal zur Eröffnung des Deutschen Museums nach München geschickt, weil damals ein allgemeiner Aufruf durch die Presse ging, dass die in München ähnliche Sachen gerne archivieren möchten. Leider habe ich mir keine Kopie gemacht, und von dem Museum habe ich nie eine Rückantwort bekommen.
Im Jahre 1989 schenkte mir eine gute Bekannte zum Geburtstag einen Folianten, handgebunden und schon etwas abgegriffen. Auf dem Leinen-rücken steht in Goldbuchstaben geprägt: „Europastunde 1935“. Inhalt dieses Bandes: Der gesammelte Jahrgang 1935 der wöchentlichen Rundfunk-zeitung gleichen Namens mit den Programmvorschauen einiger Euro-päischer Sender und einem großen Unterhaltungsteil, wie ihn auch die heutigen TV-Magazine vorhalten. Mit roten Ohren schlug ich das Heft mit der Vorschau vom 17.-23. März 1935 auf und da stand: nichts ! Lediglich ein Beitrag über die Braun’sche Röhre und ein damit konzipiertes Elektronen-mikroskop. Na gut, dachte ich, habe ich mich vielleicht geirrt, blätterte weiter und wurde doch noch fündig! Unter dem 10. Mai 1935 fand ich dann einen Artikel, den ich mit Hochspannung las. Unter der Überschrift: „Das Maifeld durch den Fernseher gesehen. Die erste direkte Fernsehübertragung der Welt“.
In dem reichlich bebilderten Beitrag las ich dann, dass bereits am 30. April 1935 die Direktübertragung einer Reportage vom Maifeld in einen kleinen abgedunkelten Saal in der Nähe des Tempelhofer Feldes vor Vertretern der Presse, Ingenieuren von Telefunken und leitendem Personal der Reichs-rundfunkgesellschaft erfolgte.
Dazu gab es technische Erläuterungen und hochtrabende Worte, dass der Brockensender die Bahn ebnen werde „...für die Millionen, welche 10 Jahre später Mitglieder der deutschen Fernsehgemeinde sein werden!“
Na ja, der Krieg durchkreuzte diese Pläne und richtig los ging es dann erst in den 1950er Jahren, aber das ist eine andere Geschichte.
Trotzdem werde ich nochmals versuchen herauszubekommen, was denn das mit dem 22. März 1935 auf sich hat.

Und ich habe doch Recht gehabt! Fritz Schukat, vom 1. Mai 2012

In meiner Geschichte über den Beginn des Fernsehens in Deutschland hatte ich schon vor Jahren über eine Berliner Zeitung aus dem Jahre 1935 eine Story erzählt, die Sie wahrscheinlich eben gelesen haben.

Anfang der 1950er Jahre hatte ich sie unter der Tapete im Wohnzimmer meiner Großeltern gefunden, das wir gemeinsam mit Vater, Onkels und Tanten renovierten. Zeitungen als Makulatur unter die Tapeten zu kleben war damals gang und gäbe. In einer der Zeitungen, exakt in der vom 22. März 1935 stand auf den Innenseiten unter der Rubrik „Radioprogramm“ ein Hinweis, den ich sinngemäß noch immer im Kopf habe:
„Heute Abend beginnt der Reichsrundfunk mit der Ausstrahlung eines Fernsehprogramms“.
Diese Zeitung habe ich später an ein Museum weitergegeben, ohne mir Kopien zu machen.
Als ich meine Geschichte „vom Beginn des Fernsehens in Deutschland“ mit exakten Daten untermauern wollte, fehlte sie mir zwar, aber ich hatte inzwischen von einer lieben Bekannten den gebundenen Jahrgang 1935 der damaligen Rundfunkzeitung „Europastunde“ geschenkt bekommen und hoffte, dieses Datum dort wiederzufinden - Pustekuchen! Nix da, unter dem 22.03.1935 fehlte der Hinweis auf dieses historische Ereignis. Ich begann an meinem Erinnerungsvermögen zu zweifeln, das ist ja auch nicht schlimm, denn schließlich lagen zwischen beiden Ereignissen mindestens 60 Jahre! Da passiert sowas schon mal.
Dennoch ließ mich diese „Erinnerungslücke“ nicht in Ruhe. Und heute nun der Triumph: Ich habe einen Hinweis gefunden, der genau mein Datum, nämlich den 22. März 1935 expressis verbis dokumentiert:
In der Wikipedia steht dieser Hinweis:

Die Geschichte des Fernsehens in Deutschland begann am 22. März 1935 zur Zeit des Deutschen Reiches. Der Anfang der Geschichte fällt fast mit der Anfangszeit der Massenmedien in den 1920er-Jahren (vor allem Zeitungen) zusammen.
Mit der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt die zunächst unterschiedliche Geschichte des deutschen Fernsehens. Sowohl die DDR als auch die Bundesrepublik begannen jeweils 1952 mit einer Ausstrahlung von Fernsehprogrammen.

Ich musste diese Information einfach sofort dokumentieren, denn es ist für mich ein ausnehmend befriedigendes Gefühl, noch nach Jahren - aber absolut nicht zu spät - eine so eindeutige Bestätigung zu erhalten!

 

Ich sehe fern

Von Uwe Neveling erstellt am 16.11.2009

Ich bin mit dem Rundfunk groß geworden. Schulfunk, Hörspiele, Bunte Nachmittage und Abende, Nachrichten und vor allen Dingen Sportübertragungen gehörten zum Tagesablauf. Dabei lief der Apparat nicht den ganzen Tag. Aus dem Rundfunkprogramm hat man sich die ausgewählten Sendungen herausgesucht und, wenn es so weit war, das Radio eingeschaltet. Die heutige Sendervielfalt kannten wir nicht. Wir konnten mit unserem Altradio nur einen Sender empfangen, es war der NWDR.

Mit dem Fernsehen kam ich erst 1954 in Berührung. In den Fachgeschäften und in den Kneipen standen plötzlich Fernsehgeräte. Alle wollten das Endspiel zur Fußballweltmeisterschaft sehen. Die Kneipen waren dicht besetzt und vor den Fachgeschäften bildeten sich große Menschentrauben. Schließlich wollte man hautnah dabei sein und die eigene Mannschaft auf diese Weise unterstützen. Wegen der Drängelei vor den Geräten zog ich es vor, dem Rundfunkreporter Herbert Zimmermann zuzuhören. Seinen vierfachen Torschrei zum drei zu zwei werde ich nicht vergessen.

Es dauerte lange, bis auch wir in unserer Familie ein Fernsehgerät hatten. Onkel Franz gönnte sich diese neumodische Errungenschaft. In seinem Wohn-Schlafraum stand eines Tages ein verschließbares Schränkchen. Stolz öffnete er die Türen und man erblickte einen dunklen Schirm. Er drückte auf einen Knopf und nach einer Weile erschien ein Bild aus Linien und Kreisen. Das sei ein Testbild, sagte er. Aus einem neben der Bildröhre befindlichen Fach holte er ein kleines viereckiges Kästchen, das mit einem langen Kabel mit dem Fernseher verbunden war. Das sei eine Fernbedienung, erläuterte er uns. Er müsste nicht immer zum Fernseher laufen, um ihn laut oder leise, hell oder dunkel zu stellen. Es gäbe auch nur ein Programm, das man abends stundenweise sehen könnte. Wir waren begeistert und sehr oft bei Onkel Franz zu Gast. Zu der Zeit nahmen wir Fernsehen noch gar nicht ernst. Der Rundfunk war immer noch dominant und beherrschte das Alltagsgeschehen.

1956 kam ich von einer größeren Fahrradtour nach Hause. Ich hatte es mir genau ausgerechnet. Am 24.6. wollte ich mir bei Onkel Franz das Spiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft ansehen. Wegen eines Fahrradschadens verspätete ich mich. Ich konnte daher nur von der zweiten Halbzeit an das Spiel sehen. Es spielte Dortmund gegen Karlsruhe, 2 zu 1 stand es nach 45 Minuten für Dortmund. Das Fernsehbild war nicht sonderlich klar. Mit der Zimmerantenne bemühten wir uns um Klarheit. Wir hielten sie hoch, mal links von der Bildröhre, mal rechts, bis wir eine Position fanden, die unter den gegebenen Umständen den bestmöglichen Empfang bot. Oft sahen wir auf dem Bildschirm nur einige schemenhafte Gestalten hin und herlaufen. Der Reporter kommentierte das Hin- und Hergelaufe, denn sein Ton kam deutlich rüber. Trotz des Bildnachteils waren wir von der Übertragung begeistert. Schließlich gewann Dortmund 4 zu 2 und wir waren zufrieden.

Dass Fernsehen auf das Familienleben Einfluss nehmen würde, konnte man damals noch nicht einmal erahnen. Es ist leider oftmals so, dass man sich zwar gerne unterhalten lässt, aber selbst nur wenig zur Unterhaltung beitragen möchte. Das war mal anders, da war man aktiv. Früher war doch einiges besser.