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Meine Briefmarkengeschichte von Fritz Schukat
Briefmarken von Uwe Neveling

 

Meine Briefmarkengeschichte

von Fritz Schukat, 02.07.2009

Im Jahre 1947 fing ich an, Briefmarken zu sammeln. Ich bekam von meinem Vater als Grundausstattung ein Album mit einer fast kompletten Sammlung postfrischer Sonder- und Zuschlagsmarken des Dritten Reichs mit der Auflage, dieses zunächst einmal nur anzugucken. Es waren jeweils immer Viererblöcke, viele davon mit dem Kopf von Adolf Hitler, natürlich auch andere, aber an die diversen „Führer-Marken“ erinnere ich mich noch ziemlich genau. Außerdem enthielt dieses Album „meine beiden Zeughausblöcke“, die ich 1946 mit meinem Vater während der ersten Briefmarkenausstellung im Berliner Zeughaus erstanden hatte. Wir hatten uns damals mehrmals angestellt und stundenlang in der Schlange gewartet, weil pro Person nur je ein Block gezähnt und ungezähnt abgegeben wurde. Ob wir auch direkt im Zeughaus waren, um uns tatsächlich die Ausstellung anzusehen, daran erinnere ich mich nicht mehr.

Ich wusste natürlich schon vorher, dass mein Vater Briefmarken sammelte, habe aber seine Sammlung nie gesehen. Später erfuhr ich, dass er sich während des Krieges die reichsdeutschen Sonder- und Zuschlagsmarken gleich bogenweise am Postschalter gekauft hatte. Er arbeitete in Thüringen in einem kleinen ausgelagerten Betrieb, der für die Rüstungsindustrie tätig war und verdiente durch die Schicht- und Mehrarbeit zwar viel Geld, aber „man bekam ja dafür kaum etwas“, wie er mir später einmal sagte, und sparen lohnte sich nach seiner Meinung auch nicht. Einen nebulösen Hintergedanken habe er wohl gehabt, als er sich damit „eindeckte“, aber dass er nach dem Krieg seine Familie damit längere Zeit „über Wasser halten“ konnte, diesen Effekt hatte er sich so sicher nicht erträumt.

Ende 1945 wurde er Chauffeur bei der Fahrbereitschaft der US-Army in der Berliner Finckensteinallee – er arbeitete also „bei den Amis“, das war damals etwas ganz Besonderes! Die „Amis“ hatten ihn offenbar ohne Umschweife genommen, weil er weder Soldat noch PG war. Bald merkte er, dass die „GI’s“, mit denen er es hauptsächlich zu tun hatte, ziemlich scharf auf alles waren, was mit Hitler zusammenhing. Wahrscheinlich wollten sie diese Sachen haben, um in der Heimat mit „Beutestücken“ zu protzen. Wir haben das in jüngster Vergangenheit ja auch erlebt, als Touristen aus aller Welt nach der Wende am Brandenburger Tor fliegenden Händlern Mauerstückchen für gutes Geld abkauften, um zuhause damit anzugeben! Mein Vater nahm irgendwann ein paar Hitler-Briefmarken mit, um sie den „GI“ anzubieten. Sie wurden ihm aus der Hand gerissen! Sein Vorrat reichte bis 1947 und dann war alles verbraucht – bis auf die „Reste“, mit denen er mir das besagte erste Briefmarkenalbum ausstattete. Um diese Zeit starb in unserem Hause der Malermeister D., dessen Frau hörte, dass „Klein-Fritzchen“ Briefmarkensammler geworden sei. Sie schenkte meinem Vater für mich ein uraltes, dickes Briefmarkenalbum mit vorgedruckten Marken - das ging schon in den 1880er Jahren los – sowie eine größere Blechschachtel gefüllt mit vielen deutschen und ausländischen Marken, die z.T. noch nicht abgeweicht waren. Ausgestattet mit diesem Fundus wurde ich also mit 12 Jahren Briefmarkensammler mit über 4000 Marken – ich hatte natürlich zunächst Bestandsaufnahme gemacht!

Ich drückte mir die Nase platt bei dem Briefmarkenhändler am Hermannplatz, bei dem ich natürlich auch die hellgrüne „42“ der Ziffernmarkenserie sah, die man am Postschalter nicht bekam und in den Fachgeschäften sehr teuer war. Unerreichbar teuer war allerdings auch die rote „12er“ auf der „Post“ in lateinischer wie auch in kyrillischer Schrift stand. Solche Exoten waren nur Wunschtraum – besessen habe ich sie aber nie!
Nach und nach sortierte ich meine Glanzstücke nach einem alten Michel-Katalog und tauschte auch schon mal Doppelte für Werte ein, die ich noch nicht hatte. So entstand eine stattliche Sammlung, bei der aber wertvolle Marken wohl zunächst noch die Ausnahme waren. Immerhin „erbte“ ich mal hier mal da Abweichware und als ich dann selbst Geld verdiente, kamen auch noch die Sperrwerte dazu. So hatte ich dann bis 1960 doch schon eine stattliche Sammlung zusammengetragen.

Ich heiratete 1960 das erste Mal und nahm natürlich meine Sammlung mit. Wir wohnten damals eine Zeitlang bei Schwiegermutter in Untermiete. Die Alben, Kästchen, Heftchen und Kataloge deponierte ich im Keller in einer extra gebauten Kiste, die ich sorgfältig mit Folie auskleidete, damit die Marken nicht ungeschützt der Feuchtigkeit ausgesetzt waren. Die Kiste sah aus wie eine Schatztruhe, und sie enthielt ja auch wirklich „meinen Schatz“!

Wir wohnten anderthalb Jahre bei Schwiegermutter, die arbeitslos war, aber von ihrer Rente einigermaßen gut leben konnte. Sie hatte am Tage ihren Enkel in Pflege, dessen Eltern im selben Haus eine Wohnung hatten. Schwager und Schwägerin arbeiteten beide, so dass Schwiegermutter wenigstens eine Aufgabe hatte. Wie und vor allem wann mein damaliger Neffe die Briefmarken im Keller entdeckte und ein Heft nach dem anderen in Kaugummi und Schokolade eintauschte, haben wir zwar nicht herausbekommen. Sie waren jedenfalls bis auf ganz geringe Reste aus der Schatzkiste verschwunden, als wir im November 1962 unsere erste Wohnung bekamen und ich nun endlich meine Schätzchen hätte angemessen unterbringen können. Schwager und Schwiegermutter haben zwar durch Nachfragen bei Kindern und Nachbarn erfahren, dass es ein größerer Junge aus der Nachbarschaft war – aber wer, das sagte man ihnen offenbar nicht, oder man hat es mir verschwiegen. Er soll den Jungen innerhalb ganz kurzer Zeit dazu angestiftet haben, die bunten „Bildchen“ zu besorgen, und er soll ihm dafür - wie gesagt - Schokolade und Kaugummi gegeben haben.

„Weck is weck!“ Ich war so sauer, dass ich auch noch den kläglichen Rest einem Kollegen schenkte und mir schwor, nie mehr was mit Briefmarken zu tun zu haben zu wollen!

Ab 1972 hob ich mir dann und wann schon mal wieder den einen oder anderen Briefmarkenblock auf, die der Postbeamte auf dem Dorfpostamt des kleinen Örtchens N. in Rheinhessen, wo ich seinerzeit wohnte, wie Sauerbier anbot. Das fing an mit den Olympia-Blocks und anderen Sondermarken, die ich zwar auch zum Frankieren benutzte, aber einige davon irgendwo ablegte. Ganz allmählich flammte die alte Leidenschaft wieder auf und ich fragte bei allen Firmen, die ich besuchte nach, ob ich die Briefumschläge bekommen könnte. Viele liebe Menschen haben mich dann mit Abweichware überhäuft und am Ende hatte ich so viele Marken, dass ich sie erst nach Bethel schickte und später dann den Alsterdorfer Anstalten gab.

Dann kam wieder ein Abo bei der Briefmarkensammelstelle dazu, Bundesrepublik und Berlin ungestempelt, aber das ist ein teures Vergnügen geworden. Nach der Euro-Einführung haben wir meine Frau und ich! - es dann abbestellt.

Jetzt sammeln wir nur noch Abweichware für Bethel oder die Alsterdorfer Anstalten! Aber schöne Stücke weiche ich doch hin und wieder ab und stecke sie in eines der noch nicht vollen Alben! Nur für mich!

 

Briefmarken

von Uwe Neveling

Briefmarken haben mich ein Leben lang begleitet. Es begann in den Nachkriegsjahren. Da packte mich die Sammelleidenschaft. Ich erkannte, dass Briefmarken in Bildern und Werten geschichtliche Eckpunkte markieren. Ich erhielt durch sie einen einprägsamen Geschichtsunterricht. Meine erste Marke stammte aus dem Jahr 1935. 1935 feierte das Deutsche Reich hundertjähriges Bestehen der deutschen Eisenbahn. Das erweckte in mir mein Interesse für technische Errungenschaften. Später begeisterte ich mich auch für Tiere, Pflanzen und Landschaften. Ich wollte sodann wissen, wer in unserem Land das Sagen hatte. Ich sah mir die Motive kritisch an, den Kaiser, den Führer, den Präsidenten und den Kanzler. Ich sammelte auch ausländische Marken und erkundete so die Welt, denn an größere Reisen in die Fremde war zur damaligen Zeit nicht zu denken. Bei den Ausländern gab es ungewöhnliche Formate, dreieckige, fünfeckige und runde, mit und ohne Zähnung. Bei ernsthaften Sammlern muss die Anzahl der Zähne stimmen. Das war mir damals egal. Die Formate und die Motive mussten außergewöhnlich sein.

Noch viel später, ich war Lehrling in der Bezirksdirektion eines großen Versicherungs-unternehmens, verwaltete ich eigenständig die Portokasse. Am Monatsende wurde jeweils abgerechnet. Mir fehlten einmal 10 Pfennige. Das Nachrechnen wollte ich mir ersparen und opferte den Betrag aus meinem schmalen Geldbeutel. Das war mir die Sache wert. Am nächsten Tag besuchte uns ein Revisor. Der überprüfte zunächst alle Kassenbestände, u.a. auch die von mir geführte Portokasse. Und siehe da, es waren 10 Pfennige zu viel in der Kasse. Das machte mich für den Kontrolleur verdächtig. Ich wurde ermahnt, so etwas nicht wieder zu tun. Diese Geschichte erzählte ich bei einer Seniorenausfahrt. „Der Revisor war mein Vater“ sagte eine mir gegenübersitzende Kollegin. Ich entschuldigte mich wortreich, weil ich mich über den Prüfer etwas abfällig geäußert hatte. Die Dame winkte ab: „Er war schon schwierig“ sagte sie und lächelte mich versöhnlich an.

Einmal wühlte ich mich mit einem Freund durch einen auf dem Teppich ausgebreiteten Briefmarkenhaufen. Seine Ehefrau war nicht sonderlich beglückt und ermahnte uns, das Wohnzimmer und den Teppich nicht zu ramponieren. Uns ging es dabei um ein Wasserzeichen, das auf der Marke von rechts oben nach links unten verlief. Das sollte besonders wertvoll sein. Wir haben es nicht gefunden und den Raum danach wieder in einen erträglichen Zustand versetzt. Es versteht sich von selbst, dass laute Musik und einige Getränke unsere Suchaktion unterstützten. Auch das fand nicht den Beifall der Ehefrau.

Auf der Rückseite der Marken gibt es eine Klebeschicht. Feuchtet man die Schicht mit einem nassen Schwamm oder mit der Zunge leicht an, kann man das Portozeichen auf den Umschlag kleben. Aber wehe, man benetzt sie mit zu viel Flüssigkeit. Die Klebeschicht wird dann regelrecht abgewaschen, die Marke klebt nicht mehr. Das passierte mir oftmals bei der Notopfer-Berlin-Marke. Die war schmal geschnitten und enthielt demzufolge nur wenig Klebemasse. Sie fiel vom Umschlag. Das war dann besonders unangenehm, wenn der Ablöseprozess passierte, nachdem ich die Post abgeliefert hatte. Der Empfänger musste Nachporto bezahlen. Mit diesem Problem muss man sich heute nicht mehr abgeben. Es gibt selbstklebende Portomarken. Aber auch das ist mittlerweile Schnee von gestern. Mit einem Computerprogramm drucke ich die Marken auf den Umschlag. Für Sammler taugt das allerdings nichts. Feiertagsbriefe, aber nur Feiertagsbriefe, werden daher von mir mit echten Briefmarken frei gemacht. Das freut die Empfänger, unter denen vielleicht ein Sammler ist. Irgendwo in meinem Archiv müssen sich noch einige Sammelordner befinden. Ich habe mir fest vorgenommen, sie mir wieder anzusehen und mit ihnen eine Zeitreise zu unternehmen. Ob ich dann – wie in der Vergangenheit – das Gefühl haben werde, wieder in die große weite Welt zu blicken, bleibt abzuwarten. Ich wünsche es mir jedenfalls.